Dienstag, 31. Dezember 2019

Raus-rein! (... aus der Matte ... in die Gewerkschaft)

RAUS aus der (Lethargie-) Hängematte, REIN in die
Gewerkschaft - die Fundstücke aus der Lego-Grabbelkiste
sollen diesen Wunsch an meine Kolleg(inn)en ausdrücken.
Foto: Karlheinz Stannies
Auch nach 40 Mitgliedsjahren kann mich meine Gewerkschaft, genauer: der Landesverband NRW der Deutschen Journalisten-Gewerkschaft (DJV), immer noch überraschen. Eigentlich bin ich, als uralter Betriebsrat, sehr skeptisch, wenn es um Workshops, Gutachten, Mediation oder Beratungen geht. Wenn man glaubt, man könne nur noch mit Hilfe von Auswärtigen eigene Ziele definieren oder Probleme lösen, hat man eigentlich schon verloren.

So denke ich halt. Nach vielen Erfahrungen auf betrieblicher Ebene. Wenn Berater am Ende wieder einmal genau das empfahlen, was ohnehin geplant war. Oder wenn Gutachter auf wundersame Weise exakt die beauftragte Prozentzahl trafen. Oder wenn die zumeist auch noch sündhaft teure fremde Hilfe letztlich nur das bestätigte, was die ungefragten Kolleg(inn)en gesagt hätten - wenn sie denn gefragt worden wären.

Und ja, dann hatte ich doch, trotz aller Bedenken, an einem Workshop (von mehreren) teilgenommen.

Wer sind wir? Wo wollen wir hin? Was können und müssen wir tun? Der DJV NRW hat einen umfangreichen "Zukunftsprozess" gestartet - mit Umfragen, Interviews, Workshops. Und dabei waren vor allem die "normalen" Mitglieder gefragt, nicht etwa nur Funktionäre in internen Runden.

Wir haben sieben Stunden lang Stürme in den Gehirnen entfacht,

Freitag, 27. Dezember 2019

Journokalypse now

Fürchterliche Blitze durchzuckten den blutroten Himmel, warfen grelle Lichter auf die Reiter. Tiefes Grollen ließ das Tal erzittern. Putz bröckelte von den Wänden. Alle bangten, auch die rotierenden Rollen könnten aus den Halterungen springen. Doch das Papier sauste. Die Reiter der Journokalypse rissen an den Zügeln, die Pferde stellten sich wiehernd auf. Der erste Reiter erhob seine Stimme. Die Worte vibrierten durch Mark und Bauch: „Jungs, wir sind wieder zu früh. Die drucken immer noch.“ 

Verkostung, mit Schrecken
Karikatur: Karlheinz Stannies
Wir applaudierten. Klaus war mit diesem Beitrag zweifellos der Sieger unseres Geschichten-Wettbewerbs. Wir nannten es Stammtischtelling. „Was meint ihr“, fragte Klaus, „soll ich noch ein paar Sätze anhängen? Etwa so: Die Reiter stoben, TikTok TikTok, zurück ins Land Online. Dort warteten bereits neue Trends auf Vernichtung, weil sie von allerneuesten Trends abgelöst werden mussten...“

Nicht übertreiben, Klaus. Die besten Trends, da waren wir uns einig, sind guter Journalismus und verstärktes Überprüfen von Tatsachen. „Die Faktenchecks zeigen Wirkung“, strahlte Karin. „Jetzt klagen schon Rechtsblogger dagegen, dass sie überprüft werden. Natürlich vergeblich.“ Wir grinsten uns an. Weitermachen!

Karins Story-Versuch hatten wir übrigens schnell abgewürgt. „Kauft ein Ehepaar einen Verlag...“ war als Einstieg ja nicht schlecht, klang aber doch eher wie der Beginn eines Witzes. Da hatte uns das Katastrophen-Szenario von Marie mehr aufgeschreckt:

Dienstag, 20. August 2019

Zombie-Kneipen, zentral gezapft

MUSEUM OF MODERN MEDIA, immer dieselbe Frage.
Karikatur: Karlheinz Stannies
„Wir werden bald zentralisieren“, schockte der Wirt unseren Stammtisch. „Wir wollen uns mit anderen Lokalen zusammentun“, sagte er. Wegen des Kneipensterbens. „Das Bier für alle kommt künftig zentral gezapft vom Dorfkrug“. Wir schauten ihn groß an; der ist doch drei Stadtteile entfernt. „Okay, wir wissen noch nicht, welche Biersorte dann kommt. Und es wird unterwegs natürlich ein wenig schal werden. Aber hey, weil es dann überall gleich schmeckt, merkt ihr das gar nicht. Wir vor Ort blasen nur noch Schaum drauf. Wegen der Optik.“

Wir waren empört. Dass Verlage ihre Marken kaputt sparen und auf Traditionen pfeifen – geschenkt. Ältere erinnerten sich noch an die ruhmreiche stolze Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Die läuft dank Zentralredaktionen längst selbst in eigenen Texten nur noch als „Zeitung der Funke-Mediengruppe“. Viele gestandene Titel fristen ihre Identität inzwischen

Mittwoch, 19. Juni 2019

Journalisten-Ethos: Flachratten, hemmungslos

Faktencheck im Medienhaus
Karikatur: Karlheinz Stannies
Als Paul an den Stammtisch schlurfte, hatten die meisten schon reichlich Vorsprung auf den Deckeln. „Sorry“, stöhnte er, „aber ihr wisst ja“. Jepp. Seine Redaktion war seit langem chronisch unterbesetzt. Und welcher Journalist schaltet schon den Computer aus, wenn noch nicht alles fertig ist? Das wussten leider auch die Chefs – und nutzten es hemmungslos aus.

„Für die“, giftete Paul. „sind wir nur Flachratten. Die wollen – wie bei Handy oder Netflix – nur pauschal möglichst wenig zahlen, aber wir sollen Flatrate malochen.“ Helga witzelte: „Das Sonderangebot für Medien-Manager – 1a Journalisten, zum Mini-Tarif, und zwar nicht nur im ersten Jahr, aber inklusive Print-Flatrate, Online-Flatrate, Zusatzaufgaben-Flatrate.“ Home-Office, nachts, Wochenende, Feiertage – wir warfen weitere Stichworte ein.

„Da gibt’s doch jetzt dieses EU-Urteil“,

Dienstag, 14. Mai 2019

Facebook? Twitter? Journalisten-Plattform!

Professor Doktor (soviel Zeit muss sein) Frank Überall ist Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV, 35.000 Mitglieder). Der promovierte Sozialwissenschaftler ist zudem Professor an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (Köln, Berlin, Frankfurt/Main). Frank möchte, erstmal exklusiv bei Charly & Friends, eine Idee vorstellen, die ihm schon einige Zeit durch den Kopf geht: eine "Journalisten-Plattform" oder ein "DJV-Netz", auf dem - wie bei Facebook oder Twitter - munter diskutiert und veröffentlicht werden kann und auf das (nicht nur!) Öffentlich-Rechtliche aufspringen. Franks Gastbeitrag, proudly presented:

Regt eine Journalisten-Plattform an: DJV-Vorsitzender Frank Überall
Foto: Werner Siess HMKW
Von FRANK ÜBERALL

Diskutieren Sie mit uns weiter bei facebook“, heißt es nach der einen Sendung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und bei der anderen wird dazu aufgefordert: „Folgen Sie uns bei twitter!“ Jan Böhmermann erschafft sogar jede Woche in seinem „Neo Magazin Royale“ einen kurzweiligen „Hashtag der Woche“, auf dass doch bitteschön alle folgsam sein mögen. Ein prima Modell – zumindest für die US-amerikanischen Unternehmen, die auf diese Weise kostenlose Reklame bekommen.

Und nicht nur das: Ihnen werden die Nutzerinnen und Nutzer zugetrieben, die – wenn es ganz schlimm kommt – zum Ursprungsprodukt „Öffentlich-Rechtliches Fernsehen“ gar nicht mehr zurückkommen.

Eigentlich müsste man jetzt eine eigene Plattform gründen. „DJV-Netz“ oder „Journalisten-Plattform“ zum Beispiel. Als genossenschaftliches Modell von Journalistinnen und Journalisten, mit Bezahlmodell für exklusive Stories.

Und wenn damit genug Nutzer registriert sind,

Dienstag, 16. April 2019

Express-Drehung

Erben am Werk
Karikatur: Karlheinz Stannies
„Erleben wir da gerade den Untergang einer Dynastie?“ fragte Bernie. Der Stammtisch ahnte sofort, wen er meinte: „Die DuMonts möchten nicht mehr Verleger spielen. Sie wollen ihre Regionalzeitungen verkaufen. Weil es sich nicht mehr lohnt.“ Claudia, stets kritisch, winkte ab: „Nee, die geben auf, weil sie keine Lösungen und Ideen haben.“ Egal wie, Köln ohne DuMont-Blätter, das ist wie Karneval ohne Kamelle. „Auf dem Melaten-Friedhof, wo der alte Patriarch Alfred Neven DuMont liegt, sollen deutliche Rotationsgeräusche zu hören sein“, schmunzelte Klaus. „Ist ja auch mit Express-Drehung“, kicherte Tanja.

„Meint ihr, jemand kauft heute noch Zeitungen?“ fragte Harry. Wir nippten am Getränk. Wogen auf der „Wirklichkeit der Märkte“, die die DuMont-Erben beschworen, die Rendite gegen das Gejammer ab. „Für kleines Geld, ja“, wagte Martina eine Prognose. „Das rechnet sich für einen Medienkonzern durch Synergie und Personalabbau.“ Zur Not braucht man ja heute gar keine Leute mehr, um eine Zeitung herauszubringen.

Der Geist der Westfälischen Rundschau wehte über den Stammtisch. Wir prosteten ihm zu. Und bestellten gleich die nächste Runde Kurze – wegen des neuesten Essener Kahlschlags.

Sonntag, 3. März 2019

Mit Edelfedern gekitzelt

User first … was denn sonst? Medien-Manager präsentieren ihren
Mitarbeitern stets die Rechnung dafür. Karikatur: Karlheinz Stannies
Jauch zog die Augenbraue hoch. „Sie wollen wirklich bei Antwort B bleiben?“ fragte er den Verlagsmanager. Die Frage lautete: Wie steigern Sie die Qualität eines Mediums? Und Möglichkeit B war: Durch Personalabbau. „Alle meine Kollegen sagen das immer wieder“, grinste der Kandidat. Noch nicht ahnend, dass er die 500-Euro-Frage versaut hatte.

„Umschalten“, riefen wir dem Wirt zu. Der zappte zum nächsten Sender und gab uns dann lieber gleich die Fernbedienung für den Fernseher oben in der Kneipenecke.

Zapp. Der Nachrichtenkanal informierte über den Klimawandel:

Samstag, 9. Februar 2019

Funke-Betriebsräte: Das war zynisch, Frau Becker

In Sonntagsreden der Medien-Oberen
werden Journalisten wertgeschätzt.
Tatsächlich sind sie für die Manager
einfach nur Kostenstellen.
Karikatur: Karlheinz Stannies
Die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe - zynisch.
Die Manager - ohne Kreativität.
Für die Fehler der Chefetagen muss die Belegschaft den Kopf hinhalten - wieder einmal.

Die Betriebsräte von Funke in NRW sind entsetzt und tief enttäuscht. Wieder einmal knallen ihnen die Oberen der Mediengruppe ein Kahlschlag-Konzept um die Ohren, wieder einmal (wie 2009) müssen allein in NRW gleich rund 300 Stellen unter die WAZ- bzw. Funke-Axt. Bei Medienmoral NRW wurde die Stellungnahme der Betriebsräte veröffentlicht. Hier ist sie im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

die Verlagsgeschäftsführung hat heute darüber informiert, dass sie aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation massive personelle Einschnitte vornehmen wird. Knapp 300 Stellen werden allein in NRW gestrichen. Dazu gehören nach unseren Informationen allein 120 Kolleginnen und Kollegen aus dem Anzeigenbereich, 40 Drucker (der Druckstandort Essen wird geschlossen), die Hälfte der bislang 46 Volos, zehn Mediengestalter, zwei Onliner sowie knapp 40 Redakteure. 14 davon sollen es bei der WAZ sein, 14,5 bei der WP sowie eine bislang noch nicht konkret benannte Zahl bei der NRZ. Auch bei den Sekretariaten aller NRW-Titel soll gespart werden. Noch ist unklar, wie viele Kolleginnen es treffen wird.

Dies stellt einmal mehr einen tiefen Einschnitt in unsere Belegschaften dar. Erinnerungen an 2008/2009 kommen hoch, als im Redaktionsbereich aller Titel 300 Stellen gestrichen wurden. Eine weitere Hiobsbotschaft erreichte die Kollegen der WP-Redaktion Warstein, die zum 28. Februar geschlossen wird. Geschlossen werden auch 21 der 26 Geschäftsstellen in NRW, was aus unserer Sicht einen riesigen Imageschaden in der Leserschaft anrichten und zudem in den Redaktionen zu erheblicher Mehrarbeit führen wird. Diese Entscheidung wurde in unserem Hause schon einmal gefällt – und der Verlag hat sie im Nachhinein bitter bereut und zurückgenommen.

Auf all diese Spar-, Schließungs- und Stellenstreichungs-Pläne haben wir als Betriebsräte mit Empörung und Unverständnis reagiert!

Wieder einmal muss die Belegschaft den Kopf für Managementfehler, die in den vergangenen Jahren gemacht wurden, hinhalten. Seit Jahren heißt die einzige Lösung des Verlags: Stellenabbau. Wir kritisieren, dass der Arbeitgeber jene Kreativität, die er uns tagtäglich abfordert (und auch bekommt), in seinen Unternehmens-Entscheidungen vermissen lässt. Auch deshalb verspüren Großteile der Belegschaft nun starke Vorbehalte gegenüber der neuen Strategie, ab sofort im Rahmen von „User First“ den Fokus völlig aufs Digitale zu richten. Ein positiver Effekt dieses neuen Konzeptes sollte es sein, die Redaktionen in ihrer Alltagsarbeit zu entlasten. Wir befürchten, dass dies mit den heute verkündeten Stellenstreichungen so gut wie unmöglich ist.

Für die Redaktionen

Donnerstag, 7. Februar 2019

Funke-Axt: "Dahinter steckt blinde Profitgier"

Erst absägen, dann Höchstleistungen verlangen -
die irre Welt der Verlagsmanager
Karikatur: Karlheinz Stannies


Qualvolle Erfahrungen seit mindestens einem Jahrzehnt! Die Betriebsräte der Funke Mediengruppe (Essen) kennen ihre Pappenheimer. Wieder einmal hat sich die Befürchtung der Belegschaftsvertretungen bewahrheitet, dass mit viel Managersprech und geschlungenen Wortgirlanden angekündigte Offensiven und Änderungen zumeist mit gewaltigen Sparrunden verbunden sind.

Heute verkündeten die Funke-Oberen, siehe hier, Einzelheiten zum Zukunftsprogramm Funke 2022. "Mehr als eine Restrukturierung", behaupten die Bosse und zielen auf "weiteres Wachstum".

Und so sieht das Wachstum zunächst einmal aus: Massenhafter Personalabbau, die Druckerei in Essen wird geschlossen, die Regional- und Lokalmedien sollen neu aufgestellt werden. Sprich: zehn Prozent der Redakteursstellen der NRW-Titel sollen wohl weg, wie man hört: bei WAZ und NRZ und Westfalenpost jeweils mehr als ein Dutzend. Die Lokalredaktion Warstein der Westfalenpost wird geschlossen, die Volontärsausbildung für ein Jahr unterbrochen.

In der Berliner Zentralredaktion sollen angeblich 22 von 94 Redakteursstellen in Gefahr sein. Planstellen gehen auch in Hamburg und Braunschweig verloren, auch Berliner und Thüringer Wochenblätter und Zeitungen müssen "bluten". Vertriebe, Anzeigen- und andere kaufmännische Bereiche sind ebenfalls "dran. Die Kostensenkung soll "Luft" bringen für Investitionen und gleichzeitig digitale Produkte nach vorn bringen und Print-Titel stabilisieren.

„Mehr denn je brauchen wir guten, verlässlichen Regional- und Lokaljournalismus. Wir dürfen uns aber nichts vormachen, seine Zukunft ist extrem gefährdet“, sagt Ove Saffe. Auf die Idee, dass gerade permanenter Umbau und vor allem hanebüchener Personalabbau extrem zukunftsgefährdend sind, kam der für das Zeitungsgeschäft verantwortliche Geschäftsführer leider nicht. 

"Weiterer Personalabbau keine Lösung"

Karikatur: Karlheinz Stannies
"Dahinter steckt blinde Profitgier", urteilt denn auch der DJV-NRW. Weiter heißt es in einer Mitteilung:

„... Um ihre Renditeziele zu erreichen, werden reihenweise Menschen auf die Straße gesetzt. Der Schein des Aufbruchs in Wertschätzung der Mitarbeiter durch die Geschäftsführung in der neuen Firmenzentrale in Essen trügt.“ Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes NRW (DJV-NRW) Frank Stach hat die Geschäftsführung der Funke Mediengruppe mit scharfen Worten für die heute bekannt gegebenen Abbaupläne kritisiert.


Das heute von der Funke Mediengruppe vorgelegte Sparprogramm

Freitag, 1. Februar 2019

Karriereplanung Journalismus

Karikatur: Karlheinz Stannies

Flimmern im Karton

„Typisch“, grunzte Bernd. „Riesig verpackt – und drinnen nur ’ne Winzigkeit.“ Neben ihm lag ein Berg aus Geschenkpapier, Schleifen und Kartons. In den Händen hielt er aber nur eine dünne Metall-Acht, wohl aus dem Hausnummern-Regal eines Baumarktes. Daran hing ein Zettel: Herzlichen Glückwunsch, vor genau 100 Jahren wurde der Acht-Stunden-Arbeitstag eingeführt. „Und wann wird der bei Journalisten eingeführt?“, stöhnte Marlies theatralisch. Alle lachten. Das nachweihnachtliche Schrott-Wichteln gehörte stets zu den Höhepunkten im Stammtisch-Jahr. Die mitgebrachten und dann verlosten kleinen Geschenke sorgten verlässlich für gute Laune.

Auch Jens hatte so einen Riesenkarton gezogen. „Noch so ein Verpackungsblender“, vermutete er, rupfte hastig die bunte Verpackung ab, ritzte den Karton auf – und drinnen war … nichts. „Luftnummer? Leere Versprechung? Dürfen Arbeitgeber denn hier mitwichteln?“, grinste Patricia.

Mit einem Pieps glomm am Kartonboden plötzlich ein kleines Licht auf. Und flimmernd poppten ein Kopf und ein Oberkörper auf, piekfein mit Schlips und Jacke, in den Händen ein paar Manuskriptseiten. „Gut-ten Tack! Ich albei-te dlei-mal acht Stunden, immel wiedel“, schnarrte der virtuelle Nachrichtensprecher. Manager liebten ihn: macht klaglos, was man will, wird nie müde, will kein Urlaubsgeld. „Und geht nicht in die Gewerkschaft“, kicherte Lisa.

War dieser Chinese Zhang unsere Zukunft? Tatsächlich zogen ständig mehr Roboter in unsere Redaktionen ein. „Die Financial Times“, berichtete Paul, „hat in die Schreibsoftware jetzt einen Bot eingebaut, der Dich warnt, wenn Du zu wenig Frauen zitierst.“ Gute Idee, um Expertinnen zu fördern und Leserinnen zu locken, aber wohin das wohl führen wird? Man könnte damit auch die Erwähnung von Parteien an ihr Wahlergebnis koppeln. Oder an die Vorlieben der Gutsherren.

Rüdiger streifte das Glitzerband ab und öffnete seinen Umschlag. Ihr Gewinn: ein Fortbildungsseminar*. Prima, das hatte er sich schon lange gewünscht. Ohne Weiterbildung kann man heute gar nicht mehr mithalten. Oder zeigen, was man wirklich kann. Die Medienhäuser ließen bei der Nachwuchsförderung viele Chancen liegen. Rüdiger, misstrauisch wie immer, suchte nach der Erklärung zum Sternchen. Da war sie, ganz kleingedruckt. Petra aktivierte die Lupe-App am Handy: Natürlich nur, wenn Ihr Vorgesetzter nicht wieder nein sagt. Ach, Mist.


Freitag, 4. Januar 2019

Zeitungsfusion: Wie billig wird jetzt Bielefeld?

Medienvielfalt - sieht wohl bald so aus
Karikatur: Karlheinz Stannies
Das neue Medienjahr, die nächste Fusion - und damit die nächste Sorge um Arbeitsplätze, um Tariftreue und um die Medienvielfalt in Nordrhein-Westfalen: Aschendorff (Westfälische Nachrichten, Münster) will sich das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schnappen. Die neue Westfälische Medienholding braucht  noch den Segen des Kartellamts. Hier die aktuelle Pressemitteilung des Deutschen Journalisten-Verbands NRW:

„Wir machen uns Sorgen um den dauerhaften Erhalt der Arbeitsplätze und die Tariftreue in Westfalen“, kommentiert Frank Stach, NRW-Landesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, die aktuelle Fusionsankündigung von Unternehmensgruppe Aschendorff und Westfalen-Blatt.

De facto sei die Gründung einer gemeinsamen Medienholding die endgültige Übernahme des Bielefelder Westfalen-Blattes durch die münstersche Aschendorff -Gruppe, so Stach weiter: „Wir appellieren dringend an Aschendorff und deren Inhaber-Familie Hüffer, nicht die Billigpraxis aus Münster ohne tarifliche Bezahlung und Arbeitsschutz für Bielefeld zu übernehmen. Außerdem setzen wir darauf, dass diese Fusion nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen an einem der beiden Standorte führt. Ein Zusammenlegen der Mantelredaktionen wäre zudem ein weiterer Schlag für die Medienvielfalt in Nordrhein-Westfalen.“

Die Aschendorff -Gruppe ist unter anderem Herausgeber der Westfälischen Nachrichten und hatte 2014 bereits die Münstersche Zeitung übernommen, die ihren Lokalteil seitdem vom ehemaligen Konkurrenten Westfälische Nachrichten bekommt. Seit 2015 wird die überwiegende Mehrheit der Redakteur*innen der Westfälischen Nachrichten in Münster nicht mehr nach Tarif bezahlt. Eine Vereinbarung zum Kündigungs-Schutz ist zudem zum Jahresende 2018 ausgelaufen.

An der neuen Westfälischen Medien Holding AG wird Aschendorff nach eigenen Angaben 76,9 Prozent halten, die Bielefelder Busse-Holding übernimmt 20,09 Prozent. Die restlichen 3,41 Prozent hält die Verlagsgruppe Dirk Ippen über den in Hamm erscheinenden Westfälischen Anzeiger. Der Deal steht unter Vorbehalt der Zustimmung des Kartellamtes.

Seit 2011 ist Aschendorff übrigens auch an der das Westfalen-Blatt herausgebenden C.W. Busse Holding mit 20,09 % beteiligt. Diese Beteiligung bleibt auch im neuen Konstrukt erhalten. Bereits 2012 hatte man verkündet, eine endgültige Übernahme anzustreben.

"Mit dem Konstrukt entsteht ein neuer Medienkonzern. Dem muss auch bei der Mitbestimmung Rechnung getragen werden“, mahnt Stach zudem einen Konzernbetriebsrat für die Westfälische Medien Holding AG an. Das Westfalen-Blatt samt Lokalausgaben hat nach eigenen Angaben eine Druckauflage von 114.000. Die Westfälischen Nachrichten kommen mit Lokalausgaben und "Münsterscher Zeitung" auf 202.000.


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Lesen Sie dazu auch, was Journalist und Digital-Experte Christian Jakubetz in seinem Blog schreibt: Westfalen-Blatt: Eine Mustergeschichte für Zeitungen in 2019. Er zeichnet ein düsteres Bild...