Erst absägen, dann Höchstleistungen verlangen -
die irre Welt der Verlagsmanager
Karikatur: Karlheinz Stannies
|
Qualvolle Erfahrungen seit mindestens einem Jahrzehnt! Die Betriebsräte der Funke Mediengruppe (Essen) kennen ihre Pappenheimer. Wieder einmal hat sich die Befürchtung der Belegschaftsvertretungen bewahrheitet, dass mit viel Managersprech und geschlungenen Wortgirlanden angekündigte Offensiven und Änderungen zumeist mit gewaltigen Sparrunden verbunden sind.
Heute verkündeten die Funke-Oberen, siehe hier, Einzelheiten zum Zukunftsprogramm Funke 2022. "Mehr als eine Restrukturierung", behaupten die Bosse und zielen auf "weiteres Wachstum".
Und so sieht das Wachstum zunächst einmal aus: Massenhafter Personalabbau, die Druckerei in Essen wird geschlossen, die Regional- und Lokalmedien sollen neu aufgestellt werden. Sprich: zehn Prozent der Redakteursstellen der NRW-Titel sollen wohl weg, wie man hört: bei WAZ und NRZ und Westfalenpost jeweils mehr als ein Dutzend. Die Lokalredaktion Warstein der Westfalenpost wird geschlossen, die Volontärsausbildung für ein Jahr unterbrochen.
In der Berliner Zentralredaktion sollen angeblich 22 von 94 Redakteursstellen in Gefahr sein. Planstellen gehen auch in Hamburg und Braunschweig verloren, auch Berliner und Thüringer Wochenblätter und Zeitungen müssen "bluten". Vertriebe, Anzeigen- und andere kaufmännische Bereiche sind ebenfalls "dran. Die Kostensenkung soll "Luft" bringen für Investitionen und gleichzeitig digitale Produkte nach vorn bringen und Print-Titel stabilisieren.
„Mehr denn je brauchen wir guten, verlässlichen Regional- und Lokaljournalismus. Wir dürfen uns aber nichts vormachen, seine Zukunft ist extrem gefährdet“, sagt Ove Saffe. Auf die Idee, dass gerade permanenter Umbau und vor allem hanebüchener Personalabbau extrem zukunftsgefährdend sind, kam der für das Zeitungsgeschäft verantwortliche Geschäftsführer leider nicht.
"Weiterer Personalabbau keine Lösung"
Karikatur: Karlheinz Stannies |
„... Um ihre Renditeziele zu erreichen, werden reihenweise Menschen auf die Straße gesetzt. Der Schein des Aufbruchs in Wertschätzung der Mitarbeiter durch die Geschäftsführung in der neuen Firmenzentrale in Essen trügt.“ Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes NRW (DJV-NRW) Frank Stach hat die Geschäftsführung der Funke Mediengruppe mit scharfen Worten für die heute bekannt gegebenen Abbaupläne kritisiert.
Das heute von der Funke Mediengruppe vorgelegte Sparprogramm
sieht vor, in NRW erneut 10 Prozent der Stellen an den drei Funke Titeln in NRW einzusparen. Die Redaktion der Westfalenpost in Warstein mit fünf fest angestellten Mitarbeitern soll ganz geschlossen werden. Die Ausbildung der Volontäre in der Medienakademie-Ruhr wird für ein Jahr ausgesetzt. Komplett schließen will der Konzern das Essener Druckhaus mit 120 Mitarbeitern.
„Damit setzt der Konzern die alte, verhängnisvolle Politik des Personalabbaus fort, die bereits hunderte Arbeitsplätze gekostet hat“, betont DJV-NRW Geschäftsführer Volkmar Kah. Die Konzentration auf Sparmaßnahmen als Geschäftsmodell konterkariert Funkes Anspruch, sich im digitalen Zukunftsmarkt einen guten Platz zu sichern. „Der kontinuierliche Abbau der Belegschaft und der Aufbau neuer, personalintensiver Online- Projekte schließen sich gegenseitig aus.“
„Wir erkennen, dass das Print-Geschäftsfeld weniger profitabel geworden ist“, so Kah. Die Funke Manager handeln jedoch ohne Konzept. Weiterer Personalabbau sei keine Lösung. Funke müsse jetzt schnell die angekündigte Neuausrichtung auf digitale Medien umsetzen. „Dieses Ziel kann nur mit einer ausreichenden Zahl an hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erreicht werden. Der Stellenplan der Funke Mediengruppe ist aber schon jetzt auf Kante genäht, die Redaktionen sind am Limit.“
Kah fordert die Gesellschafter und Geschäftsführer der Funke Mediengruppe auf, ihrer sozialen Verpflichtung gerecht zu werden und dafür Sorge zu tragen, dass der angekündigte Stellenabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgt.
Die Funke Mediengruppe hatte bereits 2008 ca. 300 von 900 redaktionellen Stellen in NRW abgebaut, 2013 wurden alle 120 Stellen der Westfälischen Rundschau gestrichen. Die Westfälische Rundschau rangiert seitdem in der Kategorie „Zombie-Blätter“, d.h. eine Zeitung ohne eigene Redaktion. Während die Mediengruppe am Personal spart, kauft sie fleißig weitere Zeitungen und Zeitschriften ein, alleine 2013 für insgesamt 920 Millionen Euro. Weitere Käufe sind aktuell angekündigt."
***
Nachtrag (9.2.):„Bei uns gibt es schon lange nichts mehr einzusparen“, sagt Barbara Merten-Kemper, Betriebsratsvorsitzende der WAZ. „Kapieren die das eigentlich gar nicht?“ Die Betriebsräte von Funke sehen allein in NRW rund 300 Arbeitsplätze in Gefahr! Was sie sagen und viele Details zu den erneute Kahlschlag-Maßnahmen der Mediengruppe, deren Belegschaften sich früher mal als Familie fühlten (lange ist's her), ist auf Medienmoral NRW hier nachzulesen.