Samstag, 9. Februar 2019

Funke-Betriebsräte: Das war zynisch, Frau Becker

In Sonntagsreden der Medien-Oberen
werden Journalisten wertgeschätzt.
Tatsächlich sind sie für die Manager
einfach nur Kostenstellen.
Karikatur: Karlheinz Stannies
Die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe - zynisch.
Die Manager - ohne Kreativität.
Für die Fehler der Chefetagen muss die Belegschaft den Kopf hinhalten - wieder einmal.

Die Betriebsräte von Funke in NRW sind entsetzt und tief enttäuscht. Wieder einmal knallen ihnen die Oberen der Mediengruppe ein Kahlschlag-Konzept um die Ohren, wieder einmal (wie 2009) müssen allein in NRW gleich rund 300 Stellen unter die WAZ- bzw. Funke-Axt. Bei Medienmoral NRW wurde die Stellungnahme der Betriebsräte veröffentlicht. Hier ist sie im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

die Verlagsgeschäftsführung hat heute darüber informiert, dass sie aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation massive personelle Einschnitte vornehmen wird. Knapp 300 Stellen werden allein in NRW gestrichen. Dazu gehören nach unseren Informationen allein 120 Kolleginnen und Kollegen aus dem Anzeigenbereich, 40 Drucker (der Druckstandort Essen wird geschlossen), die Hälfte der bislang 46 Volos, zehn Mediengestalter, zwei Onliner sowie knapp 40 Redakteure. 14 davon sollen es bei der WAZ sein, 14,5 bei der WP sowie eine bislang noch nicht konkret benannte Zahl bei der NRZ. Auch bei den Sekretariaten aller NRW-Titel soll gespart werden. Noch ist unklar, wie viele Kolleginnen es treffen wird.

Dies stellt einmal mehr einen tiefen Einschnitt in unsere Belegschaften dar. Erinnerungen an 2008/2009 kommen hoch, als im Redaktionsbereich aller Titel 300 Stellen gestrichen wurden. Eine weitere Hiobsbotschaft erreichte die Kollegen der WP-Redaktion Warstein, die zum 28. Februar geschlossen wird. Geschlossen werden auch 21 der 26 Geschäftsstellen in NRW, was aus unserer Sicht einen riesigen Imageschaden in der Leserschaft anrichten und zudem in den Redaktionen zu erheblicher Mehrarbeit führen wird. Diese Entscheidung wurde in unserem Hause schon einmal gefällt – und der Verlag hat sie im Nachhinein bitter bereut und zurückgenommen.

Auf all diese Spar-, Schließungs- und Stellenstreichungs-Pläne haben wir als Betriebsräte mit Empörung und Unverständnis reagiert!

Wieder einmal muss die Belegschaft den Kopf für Managementfehler, die in den vergangenen Jahren gemacht wurden, hinhalten. Seit Jahren heißt die einzige Lösung des Verlags: Stellenabbau. Wir kritisieren, dass der Arbeitgeber jene Kreativität, die er uns tagtäglich abfordert (und auch bekommt), in seinen Unternehmens-Entscheidungen vermissen lässt. Auch deshalb verspüren Großteile der Belegschaft nun starke Vorbehalte gegenüber der neuen Strategie, ab sofort im Rahmen von „User First“ den Fokus völlig aufs Digitale zu richten. Ein positiver Effekt dieses neuen Konzeptes sollte es sein, die Redaktionen in ihrer Alltagsarbeit zu entlasten. Wir befürchten, dass dies mit den heute verkündeten Stellenstreichungen so gut wie unmöglich ist.

Für die Redaktionen

Donnerstag, 7. Februar 2019

Funke-Axt: "Dahinter steckt blinde Profitgier"

Erst absägen, dann Höchstleistungen verlangen -
die irre Welt der Verlagsmanager
Karikatur: Karlheinz Stannies


Qualvolle Erfahrungen seit mindestens einem Jahrzehnt! Die Betriebsräte der Funke Mediengruppe (Essen) kennen ihre Pappenheimer. Wieder einmal hat sich die Befürchtung der Belegschaftsvertretungen bewahrheitet, dass mit viel Managersprech und geschlungenen Wortgirlanden angekündigte Offensiven und Änderungen zumeist mit gewaltigen Sparrunden verbunden sind.

Heute verkündeten die Funke-Oberen, siehe hier, Einzelheiten zum Zukunftsprogramm Funke 2022. "Mehr als eine Restrukturierung", behaupten die Bosse und zielen auf "weiteres Wachstum".

Und so sieht das Wachstum zunächst einmal aus: Massenhafter Personalabbau, die Druckerei in Essen wird geschlossen, die Regional- und Lokalmedien sollen neu aufgestellt werden. Sprich: zehn Prozent der Redakteursstellen der NRW-Titel sollen wohl weg, wie man hört: bei WAZ und NRZ und Westfalenpost jeweils mehr als ein Dutzend. Die Lokalredaktion Warstein der Westfalenpost wird geschlossen, die Volontärsausbildung für ein Jahr unterbrochen.

In der Berliner Zentralredaktion sollen angeblich 22 von 94 Redakteursstellen in Gefahr sein. Planstellen gehen auch in Hamburg und Braunschweig verloren, auch Berliner und Thüringer Wochenblätter und Zeitungen müssen "bluten". Vertriebe, Anzeigen- und andere kaufmännische Bereiche sind ebenfalls "dran. Die Kostensenkung soll "Luft" bringen für Investitionen und gleichzeitig digitale Produkte nach vorn bringen und Print-Titel stabilisieren.

„Mehr denn je brauchen wir guten, verlässlichen Regional- und Lokaljournalismus. Wir dürfen uns aber nichts vormachen, seine Zukunft ist extrem gefährdet“, sagt Ove Saffe. Auf die Idee, dass gerade permanenter Umbau und vor allem hanebüchener Personalabbau extrem zukunftsgefährdend sind, kam der für das Zeitungsgeschäft verantwortliche Geschäftsführer leider nicht. 

"Weiterer Personalabbau keine Lösung"

Karikatur: Karlheinz Stannies
"Dahinter steckt blinde Profitgier", urteilt denn auch der DJV-NRW. Weiter heißt es in einer Mitteilung:

„... Um ihre Renditeziele zu erreichen, werden reihenweise Menschen auf die Straße gesetzt. Der Schein des Aufbruchs in Wertschätzung der Mitarbeiter durch die Geschäftsführung in der neuen Firmenzentrale in Essen trügt.“ Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes NRW (DJV-NRW) Frank Stach hat die Geschäftsführung der Funke Mediengruppe mit scharfen Worten für die heute bekannt gegebenen Abbaupläne kritisiert.


Das heute von der Funke Mediengruppe vorgelegte Sparprogramm

Freitag, 1. Februar 2019

Karriereplanung Journalismus

Karikatur: Karlheinz Stannies

Flimmern im Karton

„Typisch“, grunzte Bernd. „Riesig verpackt – und drinnen nur ’ne Winzigkeit.“ Neben ihm lag ein Berg aus Geschenkpapier, Schleifen und Kartons. In den Händen hielt er aber nur eine dünne Metall-Acht, wohl aus dem Hausnummern-Regal eines Baumarktes. Daran hing ein Zettel: Herzlichen Glückwunsch, vor genau 100 Jahren wurde der Acht-Stunden-Arbeitstag eingeführt. „Und wann wird der bei Journalisten eingeführt?“, stöhnte Marlies theatralisch. Alle lachten. Das nachweihnachtliche Schrott-Wichteln gehörte stets zu den Höhepunkten im Stammtisch-Jahr. Die mitgebrachten und dann verlosten kleinen Geschenke sorgten verlässlich für gute Laune.

Auch Jens hatte so einen Riesenkarton gezogen. „Noch so ein Verpackungsblender“, vermutete er, rupfte hastig die bunte Verpackung ab, ritzte den Karton auf – und drinnen war … nichts. „Luftnummer? Leere Versprechung? Dürfen Arbeitgeber denn hier mitwichteln?“, grinste Patricia.

Mit einem Pieps glomm am Kartonboden plötzlich ein kleines Licht auf. Und flimmernd poppten ein Kopf und ein Oberkörper auf, piekfein mit Schlips und Jacke, in den Händen ein paar Manuskriptseiten. „Gut-ten Tack! Ich albei-te dlei-mal acht Stunden, immel wiedel“, schnarrte der virtuelle Nachrichtensprecher. Manager liebten ihn: macht klaglos, was man will, wird nie müde, will kein Urlaubsgeld. „Und geht nicht in die Gewerkschaft“, kicherte Lisa.

War dieser Chinese Zhang unsere Zukunft? Tatsächlich zogen ständig mehr Roboter in unsere Redaktionen ein. „Die Financial Times“, berichtete Paul, „hat in die Schreibsoftware jetzt einen Bot eingebaut, der Dich warnt, wenn Du zu wenig Frauen zitierst.“ Gute Idee, um Expertinnen zu fördern und Leserinnen zu locken, aber wohin das wohl führen wird? Man könnte damit auch die Erwähnung von Parteien an ihr Wahlergebnis koppeln. Oder an die Vorlieben der Gutsherren.

Rüdiger streifte das Glitzerband ab und öffnete seinen Umschlag. Ihr Gewinn: ein Fortbildungsseminar*. Prima, das hatte er sich schon lange gewünscht. Ohne Weiterbildung kann man heute gar nicht mehr mithalten. Oder zeigen, was man wirklich kann. Die Medienhäuser ließen bei der Nachwuchsförderung viele Chancen liegen. Rüdiger, misstrauisch wie immer, suchte nach der Erklärung zum Sternchen. Da war sie, ganz kleingedruckt. Petra aktivierte die Lupe-App am Handy: Natürlich nur, wenn Ihr Vorgesetzter nicht wieder nein sagt. Ach, Mist.