Erben am Werk
Karikatur: Karlheinz Stannies
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„Meint ihr, jemand kauft heute noch Zeitungen?“ fragte Harry. Wir nippten am Getränk. Wogen auf der „Wirklichkeit der Märkte“, die die DuMont-Erben beschworen, die Rendite gegen das Gejammer ab. „Für kleines Geld, ja“, wagte Martina eine Prognose. „Das rechnet sich für einen Medienkonzern durch Synergie und Personalabbau.“ Zur Not braucht man ja heute gar keine Leute mehr, um eine Zeitung herauszubringen.
Der Geist der Westfälischen Rundschau wehte über den Stammtisch. Wir prosteten ihm zu. Und bestellten gleich die nächste Runde Kurze – wegen des neuesten Essener Kahlschlags.
„Die Chefs da“, deklamierte Paul, „schaffen ein Umfeld, in dem unabhängiger und professioneller Regional- und Lokaljournalismus gedeihen kann.“ Hä? Er griente: „So steht es im Framing-Manual von Funke.“
Quatsch, Managersprech. Gilla vergewisserte sich: „Die wollen doch 300 Jobs abbauen?“ Ja, wieder mal. Jetzt überlegen sie, ob sie ihre Thüringer Zeitungen nur noch digital ausliefern. „Da kriegen Fischhändler aber Einwickelprobleme.“ Wir kicherten bitter. Schlechte Witze können wir. „Es ist ja auch ein Skandal, dass Zeitungsboten so viel verdienen – und Verleger so wenig. Die Boten saugen das Verlagswesen geradezu aus.“ Sarkasmus können wir auch.
Hat Lokaljournalismus – bei solchen Medien-Arbeitgebern – überhaupt noch eine Chance? Fragten wir uns oft. Zumindest nach jeder Umfrage, wonach lokale Nachrichten das sind, was die Menschen wollen. „Wir sollten uns gegen den Untergang wehren, mal untereinander was Neues ausprobieren“, meinte Andrea. Dieter zuckte mit den Schultern: „Was willste machen? Sonntagsdemos?“ Es wurde still am Stammtisch; und auf dem Melaten-Friedhof brummte weiter der Alfred.