Freitag, 26. September 2014

Trallafitti

Dieses Buch liest sich weg wie nix. Also hat man nicht lange Freude dran?
 
Das Buch vom Fenster-
 Rentner gibt's hier
(samt Leseprobe)
und im Buchhandel
Ganz im Gegenteil. Wer es gelesen hat, weiß spätestens nach der letzten Seite: Dat Leben is kein Trallafitti. Aber ein Riesenspaß. Und der Fenster-Rentner ist auf Dauer Dein Freund. Obwohl er aus der verbotenen Stadt, Ortsteil Buer, stammt und damit notgedrungen Anhänger vom Kickverein Herne-West aka Schalke ist. Allerdings gehört der Otto Redenkämper (der mal bei mir hier etwas über Journalisten schrieb) ganz und gar nicht zu denjenigen, die dem "schwatzgelben Bienenvolk", wie er den BVB und seine Fans nennt, immer nur Varroatose oder geballte Faulbrut an den Hals wünschen. Das beweist er als @FensterRentner auf Twitter und in seinem Blog Ottos Revier immer wieder.

Wahre Fenster-Rentner, zumal nach einem Ruhrie-Leben als echte Malocher, sind halt tolerant. Und Fußballexperten. Ach, was schreibe ich: Eigentlich sind Fenster-Rentner Experten für das ganze Leben. Ich sage nur: Rheuma-Salbe gegen Kimmenfrost, wenn die Heizung ausfällt.

Ein roter Faden zieht sich durch "dat Büchsken": Es gilt, Jupps Kiosks zu retten - und nebenbei das nervende Bocksprung-Blag zu jagen, das frech über den gebückten Rentner hüpfte. Das finde ich gut: Neben der Aneinanderreihung von Geschichten gibt's auch eine Story und einen Spannungsbogen bis zum Schluss. So muss das sein.


Der Fenster-Rentner
In den Geschichten wird natürlich kein Klischee ausgelassen, das hier an der Ruhr wirklich gelebt wird. Und es fehlt auch kein Problemchen des täglichen Lebens. Und alles mit Augenzwinkern und brachialer Ruhr-Herzlichkeit, die alle Widrigkeiten zum Schmelzen bringt. Und auch die Vorteile werden nicht unterschlagen: "Ruhrpott ist, wenn bei einer Fußball-WM von jeder Mannschaft irgendwo Jubel zu hören ist."

Egal ob als Inspektor Buerlumbo mit der Fensterkissen-Lizenz zum Anschwärzen, beim vergessenen Hochzeitstag, beim Freistilmoppern oder bei der Männersause, beim Augenbrauentoupet oder dem Kampf mit dem Callcenter: Dieser Fenster-Renter steht "mit beiden Pantoffeln im Leben". Ach, lesen Sie doch selbst...
***
P.S.: In seinem Blog schrieb der Fenster-Rentner, dass er wegen des Buchs stolz wie Bolle ist, was ich nachvollziehen kann. Dann fügte er aber noch hinzu: „Wenn dat möglich is, is allet möglich, sogar ne Schalker Meisterschaft!“ Kinners, und da muss ICH sagen: Auch Fußball is kein Trallafitti, lieber Otto. Gut, dass wir nicht so lange auf Dein Buch warten müssen - wie Schalke auf die Schale. Glück auf.

Montag, 22. September 2014

Wilde Montagsträume

Die Demo vor dem Haus des Verlegerverbands lief echt prima. Wir waren Hunderte, und alle riefen: „Journalismus ist mehr Wert, mehr Wert - egal ob Print oder Online!“

Plötzlich entdeckte ich den Döpfner mitten in unseren Reihen. Er trug ein Plakat mit balkendicken Buchstaben: „Krise? Welche Krise?“ Unglaublich, dann war da auch noch der junge Neven DuMont. Der hakte sich beim Alten ein, beide riefen: „Kollegen! Investiert in Eure Redaktionen!“ Der Heinen griff sofort zur Geldbörse: „Jawoll! Guter Journalismus ist teuer!“ Der Lensing reimte sich einen Wolff: „Ohne Tarif – geht alles schief“. Die Funke-Geschäftsführung hüpfte kollektiv: „Vielfalt schlägt Einfalt! Nie mehr Zombie-Zeitungen! Kwalität statt Kündigungen!“ Wir alle hatten Tränen in den Augen.

Schweißgebadet wachte ich auf. Hatte ich wirklich zuletzt noch die nordrhein-westfälischen Zeitschriftenverleger gesehen? Die rhythmisch pullten: „Wir sitzen alle in einem Boot!“ Und den Chor der nord- und ostdeutschen Zeitungsverleger gehört? Der sang: „BDZV, DJV ... her mit Euren Aufnahmeanträgen!“

Mensch, diese Montagsträume nach den Sonntagsreden werden wirklich immer wilder.

Donnerstag, 18. September 2014

Was seit Wilhelm Busch geschah...

Bernd Berke war Jahrzehnte lang
bei der Westfälischen Rundschau
(die inzwischen ein beklagenswertes
Zombie-Dasein fristet)
Bernd Berke, der das tolle Ruhr-Kultur-Blog revierpassagen.de führt, in dem rund 20 Autorinnen und Autoren schreiben (Tipp: links unter "Bessere Blogs" ist stets der neueste Beitrag zu finden), ist Kultur-Journalist. Also kann er viel fachmännischer über eine Ausstellung in Oberhausen schreiben, bei der ich wohl immer nur haaach und oooh machen würde: Comics. Ich bin bekennender Fan seit Kindertagen und horte im Keller einige tausend Hefte und Bände. Bernd schrieb zum Ausstellungsbeginn einen Blog-Beitrag, den ich hier mit seiner Erlaubnis übernehmen darf - proudly presented:

Von BERND BERKE

Da hat man sich in Oberhausen hübsch was vorgenommen: Nicht weniger als die ganze Geschichte des deutschsprachigen Comics seit Wilhelm Busch will man in prägnanten Beispielen nacherzählen. Besucher der neuen Ausstellung „Streich auf Streich“ dürfen ausgiebig der Augenlust frönen, sehen sich aber auch gefordert.

Wilhelm Busch: Zeichnung aus “Max und Moritz”,
1865 (© Wilhelm Busch – Deutsches Museum für
Karikatur und Zeichenkunst)
In Zahlen: Die Tour durch 150 Jahre Comic-Historie ist in 15 Kapitel („Streiche“) unterteilt, rund 300 Originalzeichnungen und 60 Erstdrucke sind in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zu sehen. Die Schau erstreckt sich weitläufig über mehrere Etagen und umfasst die ganze mediale und stilistische Bandbreite. Gastkurator Martin Jurgeit zeigte sich höchst angetan von solchen Ausbreitungs-Möglichkeiten. Er kann in Oberhausen noch mehr auftrumpfen als in Hannover, für dessen Wilhelm-Busch-Museum er die Schau geplant hat.

Der wahrhaft vielfältige Rundgang beginnt beim Vorvater und frühen Großmeister der Zunft: Wilhelm Busch hat tatsächlich

Schotten ziehen blank

Die Schotten stimmen über ihre Unabhängigkeit ab. Ein großes Thema, auch in allen Medien. Klar, dass sich auch zwei meiner Lieblingszeichner, Berndt A. Skott und Heiko Sakurai, Gedanken zum Thema machen. Die Schotten ziehen blank ... bei beiden, proudly presented:


Karikatur: Berndt A. Skott
Karikatur: Heiko Sakurai

Dienstag, 16. September 2014

Journalismus-Zukunft: Unsinnige Debatten

Peter Welchering
Hört mit der unsinnigen Diskussion über die Zukunft des Journalismus auf und macht statt dessen wieder eure Arbeit als Journalisten. Dazu ruft Peter Welchering in seinem Blog auf. Der Stuttgarter (der hier schon einmal über Lokaljournalismus schrieb) arbeitet mit einem eigenen digitalen Hörfunkstudio für öffentlich-rechtliche Sender, lehrt an Journalistenschulen und als Medientrainer und ist im Landesvorstand des DJV Baden-Württemberg. Hier sein "höchst subjektiver Zwischenruf" - proudly presented:

Von PETER WELCHERING
 
Auf allen möglichen Konferenzen, in Blog-Beiträgen und in viel zu vielen Feuilleton-Beiträgen wird über die Zukunft des Journalismus diskutiert, wehgeklagt und vor allen Dingen lamentiert. Von einem aussterbenden Gewerbe ist die Rede; gefordert wird, die journalistische Tätigkeit als gemeinnützige im steuerrechtlichen Sinne anzuerkennen, und einige wollen den Journalismus herrlichen crossmedialen Zeiten entgegenführen.
 
Neue Finanzierungsmodelle, neue Formen der Zugangsbeschränkung in diesen einst freiesten aller Berufe, von neuen Journalismen wird geraunt, die die alte, verstaubte, aus den Zeiten des Print und des Rundfunks stammende Profession ablösen wird. Die Zukunft des Journalismus liegt dann wahlweise im Drohnen-Journalismus, im Daten-Journalismus oder im Roboter-Journalismus. Neue Studiengänge entstehen, die die Zukunft des Journalismus absichern sollen, aber eigentlich nur die Segmentierungstheorie aus den 1980er-Jahren auf die journalistische Ausbildung anwenden, derzufolge damals aus Musikwissenschaft das Spezialfach mittelalterliches Flötenspiel zu werden hatte.
 
Zukunftspapiere entstehen zu Hauf. Man kann sie gar nicht alle lesen, und es lohnt zum größten Teil auch nicht. Die einen