Donnerstag, 16. April 2015

Klopp geht: Fahrt ihn um den Borsigplatz!

Kein Langeweiler, stets engagiert: Jürgen Klopp
Karikatur: Heiko Sakurai
Klar, es ist nur Fußball. Und trotzdem lässt es einen nicht unberührt, wenn so einer wie Jürgen Klopp die Dortmunder Borussia nach sieben Jahren, noch mitten im Vertrag, verlässt. Sein emotionaler Spaßfußball hat, unabhängig von den gewonnenen Titeln, Geschichte geschrieben. Jedes Spiel ein Spektakel, ein Erlebnis, das Ergebnis fast zweitrangig - wann durfte man sowas schon mal so lange genießen in der Show-Kick-Industrie? Vor allem aber: Wohl selten passte ein Trainer derart perfekt zu einer Mannschaft, zum Verein, zu den Fans, zu einer ganzen Region.

Das reißt eine Lücke. Deshalb ist es so schade, dass er geht. Wenn ich auch die Gründe nachvollziehen kann. Nach einiger Zeit verschwindet so mancher Zauber halt.

Karikatur: Heiko Sakurai
In der Pressekonferenz hatte Jürgen Klopp noch einen letzten sehnlichen Wunsch geäußert: Er würde gern noch einmal mit gutem Grund auf dem Lastwagen um den Borsigplatz gefahren werden. Sprich: im Halbfinale die Bayern schlagen, den DFB-Pokal dann nach Dortmund holen und die verkorkste Saison feiernd abhaken. Ich denke: egal, wie es kommt - fahrt den Klopp zum Saisonende um den Borsigplatz! Tausende werden sagen wollen: Tschüß Kloppo. War schön, datte da wars.

Über Karikaturen, Texte und Fotos hat der BVB, hat Klopp auch auf mein Blog Einfluss gehabt. Ein paar von den Zeichnungen darf man deshalb ruhig nochmal bringen.

Manchmal waren auch die Schalker beeindruckt
Karikatur: Heiko Sakurai
Übrigens, als Journalist registriert man sowas: Die Klopp-hört-auf-Meldung kam nicht von den (von vielen ja wegen ihrer Netzkünste für äußerst clever gehaltenen) Platzhirschen der ausgedünnten Dortmunder Medien-Landschaft, den Ruhr Nachrichten. Sondern vom Boulevard. Dabei arbeiten Lensings Leute doch seit Jahr und Tag äußerst eng mit dem BVB zusammen. Man sieht, vermeintliche Nähe schreibt nicht immer die besten Geschichten, ist kein Garant für exklusive Meldungen.

Nachtrag: Diese Kooperation zwischen Verlag und Verein war auch der Grund dafür, dass sich ausgerechnet der BVB damals nicht am Protest gegen die plötzliche Schließung der Westfälischen Rundschau-Redaktionen und den Abbau von Meinungsvielfalt im Dortmunder Raum beteiligte - eine der wenigen Fehler der ansonsten sympathischen Vereinsführung.



Montag, 13. April 2015

Netzwerken lernen im Ehrenamt

Timo Stoppacher ist Freier
Journalist, Sachbuchautor
und Dozent
Timo Stoppacher ist mit mir seit einiger Zeit im Landesvorstand des DJV NRW. In seinem gemeinsam mit Bettina Blaß geführten Blog Fit für Journalismus beschrieb Timo jetzt die Macht des Netzwerkens, vor allem für Freie Journalisten. Und dass seine Mitgliedschaft im DJV dabei durchaus nützlich war. Natürlich habe ich Timo sofort gefragt, ob ich den Text übernehmen darf. Ich darf. Hier isser, proudly presented:

Von TIMO STOPPACHER

Als ich Journalismus studiert habe (2003 bis 2007), war die Medienkrise schon im Gange. Besser geworden ist es seitdem nicht, weshalb ich das Wort Krise nicht passend finde. Denn Krise bedeutet, dass es irgendwann wieder besser wird. Ich weiß nicht, ob es jemals wieder besser werden wird. Stattdessen ist schon jetzt vieles anders geworden. Statt Krise finde ich Begriffe wie Wandel oder Transformation sinnvoller.

In meinem Studium kam die Krise nicht vor. Oder man könnte sagen, die Wirklichkeit kam nicht vor. Wie der Arbeitsmarkt aussah, darüber haben wir nicht gesprochen. Stattdessen haben wir unter künstlichen Bedingungen Nachrichten gemacht, viele nette Texte geschrieben und uns in unseren Diplomarbeiten Themen gewidmet, die irgendwie wissenschaftlich waren. Themen wie Selbstständigkeit, Selbstvermarktung oder Netzwerken zur Jobsuche waren nicht auf der Tagesordnung.
 
Fast zehn Jahre weiter hat sich daran kaum etwas geändert. Weder an meiner Alma Mater, noch an vielen andere Ausbildungsstätten. Und so werden weiterhin jedes Jahr viele Journalisten „produziert“, die zwar ihr Handwerk beherrschen, aber mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben werden, auf die sie keiner vorbereitet hat. Ich gebe mein Bestes, junge Menschen auf die Realität vorzubereiten. Ich unterrichte an zwei Fachhochschulen und erzähle jedem Studenten, egal ob er es wissen will oder nicht, dass seine Chancen auf eine Festanstellung ziemlich gering sind. Irgendjemand muss es ihnen sagen.
 
Als eine Kölner Schülerin neulich twitterte, dass sie

Samstag, 4. April 2015

Wir retten den Journalismus: Widerstand ist zwecklos

Die Rettung naht
Karikatur: Karlheinz Stannies
Im Medien-Camp war mal wieder der Hölle los. Entkommen aus dem Rettet-den-Journalismus-Hamsterrad konnte nur, wer laut rief: Holt mich hier raus, ich bin gar kein Journalist mehr. Aber wer von uns bringt sowas über die Lippen?

Seit kurzem gab es wieder diese Livestreams, bei denen man kleine eklige Aufgaben erfüllen musste. Ich bin mal eben die Zukunft des Journalismus und so. Gerade lief der Kampf der Krautreporter gegen die Prinzessinnenreporter. Die Mädels machten sich über die Krauter nur lustig: „Wir planen ein Abo nur für Kommentare – da muss man die Artikel nicht lesen. Hach, wir sind schon ganz aus dem Schlösschen.“

Mir kam das ganze Netz-Camp vor wie eine riesige Dschungel-Spielwiese, auf der alle mal was ausprobieren. Schwester Inge nahm mich zur Seite, flüsterte: „Die meisten ahnen gar nicht, dass dies hier eigentlich ein Medien-Hospital ist. Wir gaukeln allen den Live-Auftritt nur vor. Aber pssst.“

Gellende Schreie zerrissen die Stille: „Hilfe, die Handys sind weg!“ Das waren die MoJos, mobile Journalisten, bei der Entwöhnung. Nebenan stöberten Journalismus-Retter unbeirrt durch gewaltige Big-Data-Haufen. Irgendeiner rief immer mal: „Hey, Crowd, ich habe eine Idee. Fundiere mich.“ Jedes Mal, wenn eine dieser scheuen Stiftungen auftauchte, sprangen alle hinterher: „Wir überleben, wenn wir steuerlich absetzbar sind.“ Enthemmt grinsende Medienmanager hüpften um uns herum. „Vorsicht“, warnte Schwester Inge, „die wollen unbedingt betriebsbedingt sündigen.“

Plötzlich standen Karsten und Franzi vor mir: „Wir müssen an die Zukunft denken, deshalb haben wir jetzt das Besser Online Reporter Kollektiv gegründet. Kurz: BORK.“ Und ihr Schlachtruf wäre, legte Franzi mit nachgeahmter Star-Trek-Stimme nach: „Wir sind BORK. Ergebt Euch, Ihr Offliner. Ihr werdet alle sozialmedialisiert. Widerstand ist zwecklos.“

Ihre Augen flackerten. Schwester Inge lächelte nachsichtig, gab uns allen die Medikamente und tätschelte unsere Köpfe. Ich wollte gerade den erlösenden Satz rufen, da begann das Mittel zu wirken.