Donnerstag, 28. Februar 2013

Betriebsrat - auch kein Zuckerschlecken

Ich kenne es von früher nur allzu gut: Betriebsrat sein in den Medien, das ist kein Zuckerschlecken. Oder möchten Sie gerade tauschen mit dem abwickelnden Betriebsrat der Westfälischen Rundschau? Aber auch sonst ist alles nicht einfach für Mitarbeitervertreter in Medienhäusern. Gerade in kleineren Gremien, in denen die Betriebsratsarbeit nebenher gemacht wird. Mein lieber ostwestfälischer Kollege Jost Wolf, der streikerfahren ist und beim DJV u.a. in den Landesfachausschüssen Junge Journalisten und Betriebsratsarbeit sowie bei den Tarifvordenkern auf Bundesebene mitmischt, hat sich so seine Gedanken gemacht - proudly presented:

Jost Wolf arbeitet bei der
Lippischen Landes-Zeitung
Von JOST WOLF

Als eine Kollegin vor ein paar Jahren die Betriebsratsarbeit hinschmiss, war ihre Begründung: „Ich muss damit jetzt erstmal für eine Weile aufhören. Ich bin es leid, mich für Menschen einzusetzen, die nicht bereit sind, für ihre Rechte einzustehen.“ Ich respektierte ihre Entscheidung und stellte mich selbst zur Wahl. Sonst wäre im Betriebsrat unseres kleinen, mittelständischen Verlags kein Redakteur mehr vertreten gewesen. Wäre doch gelacht... Schließlich sind wir nicht die WAZ.

Inzwischen kann ich den Frust der Kollegin gut verstehen. Mich nimmt die Betriebsratsarbeit psychisch sehr mit. Angetreten war ich, um endlich einmal mitzubekommen, was hinter den Kulissen passiert. Inzwischen will ich es oft gar nicht mehr so genau wissen. Vielleicht ist es für die Psyche gerade deshalb so schwierig, weil wir eben kein großer, anonymer Konzern mit einer Geschäftsführung sind, die nicht jeden Angestellten kennen kann. Bei uns kennt jeder jeden und das Du ist auch zwischen den verschiedenen Hierarchieebenen verbreitet.

Trotzdem gibt es Aktionen, bei denen ich nur ungläubig den Kopf schütteln kann.

Mittwoch, 27. Februar 2013

Wandel durch Kultur - in Altenessen, warum nicht?

Okay, Altenessen ist ein nördlicher Essener Stadtteil, der hier und da inzwischen richtig top ist. Aber oft auch noch flop. Straßenzüge, die an den Libanon erinnern, aber vielleicht gerade deshalb voller Vielfalt sind. Nicht bezogene Riesengebäude wie am schnörkellos-kalten Bahnhof Altenessen und leerstehende Ladenlokale, die Chancen sein könnten. Wie so oft im Ruhrgebiet.

Gigo Propaganda, im Hintergrund die Fassaden,
die er bemalt
In ein Ladenlokal neben der Kneipe „Endzeit“, keinen Steinwurf von den Gleisen entfernt, zog vor einigen Wochen Gigo Propaganda ein. Ein Künstler. Und er bemalt seitdem ein stillgelegtes altes Gas-Tankstellenhäuschen und Fassadenteile des benachbarten, fast verlassenen großen Wohnhauses Altenessener Straße 220. Immer wieder. Immer wieder drüber. Er irritiert damit einige Altenessener und Lokalpolitiker ("Schande!"), aber nur wenige. Und lockt damit inzwischen sogar interessierte Besucher aus anderen Städten an.

„Ich möchte vergessene und gemiedene Orte und Bauten wieder in der Bewusstsein der Menschen zurückholen und so einen Austausch über die Zukunft dieses Ortes beginnen – und so einen Entwicklungsprozess anstoßen“, schrieb Gigo Panorama auf ein Flugblatt, mit dem er am Wochenende zur ersten Zwischenbilanz einlud. 150 Menschen kamen! Auf seiner Webseite beschrieb er seine Arbeit so: „Getarnt als Schmiererei verstecke ich die Kunst an den Wänden des Alltags. Unauffällig wertet die Kunst die Strasse, den Fussweg, den Spielplatz, die Schulhallenwand auf.“

Dienstag, 26. Februar 2013

WR-Skandal: Was kann man tun...?

Plötzlich kommt einer und sagt: In zwei Wochen ist hier Schluss, der Job ist weg. Plötzlich gibt es keine Redaktion mehr, die Aufträge und Honorare vergeben kann. Was kann man tun, als Gewerkschaft, wenn auf einen Schlag 300 Journalistinnen und Journalisten ihre Existenzgrundlage verlieren?

Sicher. DJV und dju haben (mit viel Material und manpower) zwei große Demonstrationen in Dortmund organisiert. Die Öffentlichkeit informiert. Protest-Seiten im Internet aus dem Boden gestampft, der DJV hat Extrablätter drucken lassen. Es wurden Gespräche mit der WAZ-Gruppengeschäftsführung, u.a. über einen Härtefonds für Freie, geführt. Der wichtigste erste Schritt lag noch früher: Die Gewerkschaften boten Beratung an, der erste Info-Abend begann sieben Stunden nach der Verkündung der Schließung aller Redaktionen der Westfälischen Rundschau.

Das sollte von Anfang an signalisieren: Wir lassen Euch nicht allein. Aber: Gewerkschaften können keine Arbeitsplätze schaffen. Keine Redaktion mit Honoraretat herbeizaubern. Solidarität muss aber auch konkret werden, wenn sie auch nur etwas helfen soll. Ich bin froh, dass der Gesamtvorstand des DJV NRW gestern diese Vorschläge des Landesvorstands allesamt einstimmig beschlossen hat:

Montag, 25. Februar 2013

Sicher ist sicher

Manchmal blitzt beim Kollegen Fritz der alte Anarchist i.A. (= im Ansatz) durch. Wieder einmal sollte die Redaktion „aus Sicherheitsgründen“ zur Akkreditierung für irgendeinen kurzen Polit-Auftritt die Namen der Berichterstatterr vorab melden.

Damit Polizei, Nachrichtendienste und wer-auch-immer prüfen können, ob man mal falsch geparkt hat und womöglich den Dienstwagen der Oberwichtigen behindern wird.“ Fritz machte eine abfällige Handbewegung. Inzwischen hören sie wahrscheinlich noch schnell alle Gespräche ab, durchwühlen die Festplatten im Job und zu Hause und lesen beim Tippen aktueller Berichte mit. Sicher ist sicher.

Ansatz-Anarchist Fritz kicherte: „Ich habe zurückgeschrieben: Bitte legen Sie mir im Gegenzug die Namen, die Ausweisnummern, die polizeilichen Führungszeugnisse und die Facebook-Passwörter der Sicherheitskräfte vor. Man muss doch schließlich vorher wissen, wer unsereinen im Umgang mit so gefährlichen Menschen wie Politikern oder Bossen schützen soll.“

Freitag, 22. Februar 2013

Hai! Die Piratenpartei zerlegt sich

... im Rekordtempo, meint Karikaturist Heiko Sakurai, nachdem gerade mit zwei Landesvorsitzenden wieder Spitzenpersonal der Piraten zurückgetreten ist - der eine überarbeitet, der andere samt Familie bedroht. "Der Pirat ist dem Piraten ein Hai (frei nach Th. Hobbs)" nennt Heiko diese Zeichnung. Karikaturisten haben's halt drauf. Mit Dank an Heiko, proudly presented:
Karikatur: Heiko Sakurai

Zwei Straßen weiter

Die Gläser mit dem Goldrand klirrten. Im piekfeinen Restaurant strahlte der eine Geschäftsführer: „Das soll uns erstmal jemand nachmachen. Eine so große Zeitung, die ohne eigene Redakteure erscheint – das hat noch keiner geschafft.“ Der andere Geschäftsführer tupfte mit der Serviette die Mundwinkel: „So sparen wir die Personalkosten, haben aber für die Anzeigenpreise immer noch volle Verbreitung und hohe Gesamtauflage. Die Eigentümer und ihre Banken sind begeistert.“ Geschäftsführer Nummer drei griente: „Und dann noch die netten Absprachen mit den anderen Häusern. Aber das Schönste ist: Keiner kann uns vorwerfen, wir hätten eine Zeitung eingestellt. Wir sind immer noch lokal offensiv.“ Im piekfeinen Restaurant herrschte satte Selbstzufriedenheit. Sie stießen nochmal an: „Auf den Bonus!“

Zwei Straßen weiter. In der Eckkneipe gab's am Stammtisch noch ein Bier. Aber keinen Korn, wie sonst. Nicht in Zeiten bevorstehender Arbeitslosigkeit. Auch Stammtische würden in ein paar Monaten seltener werden. Wir kapierten es immer noch nicht: „Eine Zeitung ohne Redaktion“, fragte Paul frustiert, „wer kommt denn auf sowas? Die ist doch ruckzuck eine Zeitung ohne Leser.“ Für uns war das logisch. „Vorne rot, hinten blau – wer will schon Mogelmischmasch? Dann doch lieber was aus einem Guss“, meinte Uwe. „Wie können die Herrschaften da noch von der Rettung der Medienvielfalt reden?“, schüttelte Heinz den Kopf. Paul schnipste ans Glas: „Für die heutigen Manager bedeutet Medienvielfalt wohl, dass von einem Zeitungstitel möglichst viele Zeitungshäuser profitieren.“ Ein Titel, fünf kassieren. Das Lachen blieb in unseren Hälsen stecken.

Zwei Straßen weiter. Im Schlafzimmer wälzte sich die freie Kollegin in unruhigen Träumen. Von 14 Prozent Rendite, die dem Konzern nicht reicht. Und von ihrer Pleite und Hartz4.

Mittwoch, 20. Februar 2013

EINwände: Nicht alles Gold, was netzt?

Kurze Kommentare, Lesetipps, Späßchen - regelmäßig steht hier irgendwas mit EIN - von Einfalt bis Einwürfe. Diesmal: Einwände.

***
Ist an Old Media vielleicht doch noch was dran? Das ist aber interessant: Einer der bekanntesten Piraten, der Berliner Fraktionsvorsitzende Christopher Lauer, der seine Follower auf Twitter gerne mal mit fünf Buchstaben ("Pferd") überraschte, will sich Twitter als Kommunikationsmittel künftig verkneifen. Echt? Andere Politiker würden/werden mit Hohn und Spott überschüttet, wenn sie sich einem direkten Kommunikationsweg - womöglich mit Wählern! - entziehen. Und Lauer? Der macht eine digitale Rolle rückwärts. Wer etwas von ihm möchte, der soll ihm doch "ganz klassisch eine E-mail" schicken, schreibt er hier: "Twitter ist für mich gestorben. Das Gezwitscher bringt nichts." Grund genug für einen Bericht auf heise.de. Lauer beklagt, bei Twitter stimme Aufwand und Ertrag nicht: Eine Stunde Kümmerei pro Tag, aber nur 22500 Follower, von denen 500 seine Links anklickten - mit einem Beitrag in einer großen Tageszeitung könne er dagegen 350.000 Menschen auf einmal erreichen, mit einem TV-Auftritt sogar Millionen. Außerdem koste Twitter Nerven. Er habe schon 500 Follower blocken müssen. Lauers Twitter-Fazit in Schlagworten: "Verlorene Zeit, verlorene Produktivität, sozialer Stress, zerfaserte Kommunikation". Twitter erzeuge eine "Diskussions- und Aufmerksamkeitskultur des Rauschens", das, boulevard-ähnlich, "nur durch besonders laute und plakative Themen unterbrochen" werde - und damit genau das, was die Nutzer neuerer Kommunikationsformen an den "klassischen Medien" kritisierten.
Nachtrag: Lesenswert, was Stefan Niggemeier dazu schreibt. Und natürlich dieser wunderbare Beitrag im Blog Luschenelf: Auberginen sind für mich gestorben.

***
Karikatur: Karlheinz Stannies

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Wohin sie allerdings führen kann, wenn man sich Trolle einfängt, sieht man zur Zeit sehr schön im von DJV und dju eingerichteten Blog Medienmoral NRW. In den Einträgen zur Schließung der Westfälischen Rundschau mischen ein, zwei Trolle (u.a. ein DJV-Hasser, der sich als Kritiker tarnt) mit, die die Diskussion über die Folgen für Meinungsfreiheit und Medienvielfalt und die betroffenen Kolleginnen und Kollegen fast zum Erliegen bringen. Sie beschränken sich eben nicht darauf, ihre Meinung beizutragen, die in der Regel konträr ist (a: weil es sonst nicht funktioniert, und b: weil sie sich ja als besserwissende Opfer fühlen). Sie provozieren dauerhaft, hauchdünn unter der Beleidigungsgrenze. Das soll nerven und Wut-Reaktionen erzeugen, mit denen man sich dann wieder beschäftigen kann. Alles unter dem Deckmantel der freien Meinung. Falls "Do not feed the Troll" (DNFTT, nicht füttern) mal eine Zeitlang klappt, antworten sich die Störer halt selbst unter anderem Namen, um (sich) zu bestätigen oder (absichtlich) zu widersprechen, egal. Hauptsache destruktiv. Nicht lustig-anarchisch, was man ja durchaus mögen kann. Spaß haben dann nur sie selbst, die (natürlich anonymen) Trolle.
Nachtrag: Zu den negativen Folgen lese hier, was der allseits geschätzte Blogteilnehmer "Alter Kollege" schreibt.

Dienstag, 19. Februar 2013

WR: Kündigungen, Einigungsstelle, Extrablatt

Es gibt drei neue Nachrichten zur Westfälischen Rundschau (WR). Dort wurden die meisten Redaktionen bereits geschlossen, der Rest folgt Ende März. 300 feste und freie Journalistinnen und Journalisten verlieren ihren Arbeitsplatz bzw. Aufträge und Honorare. Die WR erscheint weiter - mit fremden Inhalten. Neu ist:

Erstens: Über 90 Anhörungen zu Kündigungen wurden dem Betriebsrat inzwischen vorgelegt. Das sprach sich nach der WR-Betriebsversammlung am Montag schnell herum. Nach der gesetzlichen Anhörungsfrist (eine Woche) könnten die ersten Kündigungen ausgesprochen werden.
Zweitens: Bei der Betriebsversammlung sollen die Redakteurinnen und Redakteure („Wir haben nichts zu verlieren“) ihrem Betriebsrat Rückendeckung gegeben haben für weitere Verhandlungen über die Einrichtung der Transfergesellschaft – notfalls auch vor einer Einigungsstelle, wird erzählt.
Drittens: Es gibt inzwischen ein neues „Rundschau retten“-Extrablatt der gefeuerten Journalistinnen und Journalisten, das demnächst im Verbreitungsgebiet der WR verteilt werden soll.

Sonntag, 17. Februar 2013

Google - unschöne Fortsetzung des "Bilderklaus"

Meine liebe Kollegin Heike Rost hat sich in ihrem Blog schon hier und hier aus Urhebersicht mit den Problemen der neuen Google-Bildersuche befasst. Nun gibt es beim Herunterladen von Bilderalben "eine unschöne Fortsetzung des 'Bilderklaus'". Hier ihr (schnell noch aktualisierter) Text, mit freundlicher Genehmigung, proudly presented:

Von HEIKE ROST

Heike Rost ist Fotografin,
Gewerkschafterin (DJV)
und Bloggerin
Nutzer von Google+ werden es in den letzten Tagen sicherlich in ihrem Stream gesehen haben: Bilderalben aus Events können jetzt komplett herunter geladen werden. Was auf den ersten Blick ein tolles Feature zu sein scheint und so manchen Nutzer begeistert, hat aus Urhebersicht einige üble Haken:

Nach Rückmeldungen in den Kommentaren zu einem Google-Beitrag (u.a. von UK Photography Community) ist es nicht möglich, die Fotos einzeln oder komplett für den Download zu sperren. Selbst für Ersteller von Events und Alben scheint diese Option schlicht nicht vorhanden zu sein.

Die Kampagne von Michael Schilling
 “Verteidige Dein Bild” zur
Google Bildersuche

Darüber hinaus – und das ist leider ein altbekanntes Problem vieler Plattformen des Sozialen Netzes – werden beim Download aus Google+/Picasa offenbar auch sämtliche ins Bild eingebetteten Informationen entfernt – darunter nicht nur Kamera- und Objektivdaten, sondern auch alle weiteren ins Bild eingebetteten Informationen wie z.B. Urheber, rechtlicher Status des Bildes etc.

Dabei ergibt die Downloadfunktion durchaus unterschiedliche Ergebnisse:

Samstag, 16. Februar 2013

Der Geist der Rundschau - er wandelt noch

Aus: DJV-Journal, Karikatur: Karlheinz Stannies

Mogelpackung. Jetzt mit 0%
Redaktion. Der aktuelle
Titel des DJV-"Journal"
Am Montag (18.2.) findet die nächste Betriebsversammlung der Westfälischen Rundschau (Zeitungsverlag Westfalen) statt - ab 12 Uhr im Druckzentrum Hagen-Bathey. Der Betriebsrat will u.a. über den Stand der Gespräche mit der Geschäftsleitung über Qualifizierungsmaßnahmen und die Gründung einer Transfergesellschaft für die entlassenen Kolleginnen und Kollegen berichten. Auf der Tagesordnung steht auch ein Bericht der Arbeitgeber.

Die WAZ-Gruppe hatte kurzfristig sämtliche WR-Redaktionen zum 1. Februar geschlossen. 300 angestellte und freie Journalistinnen und Journalisten verloren so ihre Jobs und Aufträge. Die WR erscheint weiter, mit fremden Inhalten.

Freitag, 15. Februar 2013

Pizzeriaboten, schlimm veräppelt

Karikatur: Karlheinz Stannies

Langsaaaaam...

"Sloooooouuuuuu..."

Kam noch was? Wir schauten Maria fragend an, aber die Kollegin blickte nur ganz ruhig geradeaus.

Wir kannten die Symptome. Hatte der Slow-Media-Virus wieder ein Opfer gefunden? Slow Media (also bewusste Entschleunigung am Arbeitsplatz) war ja eine Zeitlang ein echter Hype, inklusive Institut und Manifest. Tatsächlich passierte es inzwischen immer öfter, dass sich Medienleute plötzlich aus dem täglichen Rattenrennen zwischen Endlos-Agenturen und Vor-Ort-Terminen, immer neuen Text-Versionen für die Kunden bei Twitter, Facebook und Internet, aus ständigen Updates, Klickstrecken und grafischen Umsetzungen, ach ja: und dann noch der Schreibe für Print ... ausklinkten.

Und verstummten.

Zum Luftholen? Zum Nachdenken? Zum Verstehen? Zum Einordnen? Zum Formulieren?

"Miiiiiiidiiiiaaaaa", sagte Maria. Aber da hockten wir längst wieder alle vor den Computern.

Donnerstag, 14. Februar 2013

Prognosen (mit Update)

Karikatur: Karlheinz Stannies
WAZ-Gruppe (weitgehend neu): Schon am heutigen Freitag (15.2.) findet nach einem Bericht von newsroom in Essen eine Mitarbeiterversammlung der WAZ (kaum Redaktion, vor allem andere Bereiche) statt. Die ist natürlich nicht öffentlich. Gruppengeschäftsführer Christian Nienhaus wird dort zur Lage des Unternehmens berichten. Prognose: Er wird kräftig jammern (über das, was seine Manager da angerichtet haben... nein, Scherz!) über die wirtschaftliche Lage, und er wird die getroffenen Maßnahmen (die seine Mitarbeiter wieder einmal auszubaden haben... kein Scherz) verteidigen. Also zum Beispiel die Schließung der Redaktionen der Westfälischen Rundschau. Und was noch kommt. Denn es werden wahrscheinlich weitere Köpfe rollen. Newsroom zumindest berichtet von einem zugetragenen Zitat von Chefredakteur Ulrich Reitz: "Ja, es wird Kündigungen geben." Newsroom, meist bestens unterrichtet, spekuliert, dass nun Branding-Redaktionen (wo eine Lokalredaktion die Inhalte der hauseigenen Konkurrenz am Ort im Prinzip übernimmt, aber noch mit eigenen Geschichten vor den Abonnenten das Gesicht wahrt) zwischen Essen und Duisburg bzw. die NRZ ins Visier geraten. 


Dienstag, 12. Februar 2013

Rücktritt... habebamus papam

Karikatur: Berndt A. Skott
Das hat sich seit zighundert Jahren keiner getraut: Der deutsche Papst macht es. Benedikt XVI hat versprochen, zum Monatsende zurückzutreten. Die Reaktionen in den Medien sind unterschiedlich. Es gab viel Verständnis für den alten Mann aus Bayern, aber natürlich auch jede Menge Kritik - von "Gut, dass dieser Papst endlich weg ist" in der taz bis "Mein Gott, was für eine Pfeife" bei den Ruhrbaronen.

Den katholischen Rant von Baron Georg Kontekakis - viele halten ihn für Satire, also den Text - kommentierte der Kollege Thomas Schweres, den ich kürzlich in Dortmund traf, im Blog so: "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das als Satire gemeint war. Wenn wir es mal als ernsthaften Beitrag lesen, ist es erstaunlich. Weil sich selten ein Autor und ein Medium trauen, so eine dezidierte (Minder-)Meinung zu veröffentlichen. Egal, ob ich sie jetzt teile oder nicht – ich finde es erfrischend, mal etwas lesen zu können, das so abseits vom mainstream ist."
Karikatur: Heiko Sakurai

Und was machen meine Lieblinge, die Karikaturisten, aus dem Rücktritt? Berndt A. Skott aus Düsseldorf sieht über der verlassenen Herde des Hirten viele Fragezeichen, Heiko Sakurai aus Köln gibt zu Protokoll: "Der progressivste Akt seiner gesamten Amtszeit".

Montag, 11. Februar 2013

Diese wilden Montage

Die Demo vor dem Haus des Verlegerverbands lief echt prima. Wir waren Hunderte, und alle riefen: „Mehr Wert, mehr Wert!“

Plötzlich entdeckte ich den Döpfner mitten in unseren Reihen. Er trug ein Plakat mit balkendicken Buchstaben: „Krise? Welche Krise?“ Unglaublich, dann war da auch noch der junge Neven DuMont. Der hakte sich beim Alten ein, beide riefen: „Kollegen! Investiert in Eure Redaktionen!“ Der Heinen griff sofort zur Geldbörse: „Jawoll! Guter Journalismus ist teuer!“ Der Lensing reimte sich einen Wolff: „Ohne Tarif – geht alles schief“. Der Nienhaus hüpfte mit seinen Kollegen als Trio: „Vielfalt schlägt Einfalt! Kwalität statt Kündigungen!“ Wir alle hatten Tränen in den Augen.

Schweißgebadet wachte ich auf. Hatte ich wirklich zuletzt noch die nordrhein-westfälischen Zeitschriftenverleger gesehen? Die rhythmisch pullten: „Wir sitzen alle in einem Boot!“ Und den Chor der ostdeutschen Zeitungsverleger gehört? Der sang: „BDZV, DJV ... her mit Euren Aufnahmeanträgen!“

Mensch, diese Montagsträume nach den Sonntagsreden werden wirklich immer wilder.

Sonntag, 10. Februar 2013

Angstgegner?

Der Jens - ausnahmsweise mal ohne Smartphone in der
Hand, dafür mit Bratwurst und Cola. Vor dem
Anpfiff war die Stimmung noch ausgezeichnet.
Nach Lewandowskis roter Karte war dann endgültig der Wurm drin. Keine Chance wurde genutzt, ungewohnte Fehlpässe, der HSV mutierte nach der Hinspiel- und der Heimspielniederlage zum "Angstgegner" des BVB. Obwohl: Angst müssen die Borussen vor keinem Team haben. Und ich habe es auch nicht bereut, mir das Spiel gemeinsam mit Pottblogger Jens Matheuszik  - der mir noch einen Blog-Beitrag schuldet, wie er hier in seinem Bericht freimütig zugibt - anzusehen. Zumal die Fans das Team trotz Rückstand und auch nach dem Abpfiff unterstützten. Keine Pfiffe: BVB, Du bist was Besonderes!


Donnerstag, 7. Februar 2013

WR: Wer sieht, dass Zombies wahr werden...

... der will auch an Träume glauben. Schreibt hier eine liebe Kollegin. Sie ist langjährige Lokalredakteurin bei der Westfälischen Rundschau (gewesen, leider). Eine gute, engagierte Journalistin. Sie hat die Schließung aller WR-Redaktionen noch nicht verarbeitet, natürlich nicht. Vor allem nicht, dass jeden Morgen weiterhin eine Art Rundschau im Briefschlitz steckt, ein Zombie. Sie mag im Moment ihren Namen nicht nennen.

Von ***

Foto: DJV NRW / Bertold Fernkorn
Direkt neben der Haustür, da stapeln sich die Zeitungen. Jetzt schon von mehreren Tagen. Sonst, da wurden sie als erstes morgens aus dem Briefschlitz gezogen und durchgeblättert. Das kann sich niemand sofort abgewöhnen, Zeitung - das ist ja unser Leben.

Nicht Zeitung allgemein, vor allen Dingen die Rundschau. Die Westfälische. Begehrter Arbeitsplatz nach Schule, Studium, Volontariat. Und morgens, mehr oder weniger wach, stets der erste Blick, der erste Griff. Noch vor dem Kaffee. Bis jetzt.

Immer noch: Verschlafen, unausgeschlafen nach einer sorgenwachen Nacht, der gewohnte Griff nach dem so vertrauten Papier mit der roten Headline. Dann wirst Du plötzlich wach, schockartig. Jeden Morgen neu. Obwohl Du es eigentlich schon weißt: Es ist gar nicht mehr Deine Zeitung.

Dein Blick schweift über die so vertrauten Seiten und sieht - ja was denn? Etwas, was da gar nicht hingehört. Die Konkurrenz nämlich, einstmals jedenfalls. Bestensfalls der "Mitbewerber", noch vor wenigen Wochen. Wettbewerber gibt's jetzt aber gar nicht mehr, überhaupt keinen Wettbewerb. Nur noch "lokale Partner". Was bitte?

Jetzt bist Du hellwach, verstehst, und das Papier, das einstmals Deine Zeitung war, fällt resigniert auf den Stapel neben der Tür. Das war mal Deine Zeitung, voller Leben, Arbeit, Engagement. Blöder Pathos? Nein, einfach bisher Alltag. Jetzt ist es nur noch eine Hülle, ein Name, missbraucht. Wo WR draufsteht, ist nicht mehr WR drin. Und eigentlich tut das viel mehr weh, als hätte man das ganze Ding zu Grabe getragen.

EINwürfe

Hier gibt es künftig ab und zu mal irgendwas mit EIN- ... also vielleicht EINfalt oder EINsam oder EINmalig. Also kleine "EINwürfe". Kurze Lese-Tipps, Kommentare, Späßchen, was einem so einfällt.
***
Die Stadt Essen hat ihren Pressespiegel jahrelang geführt, ohne dafür Urheber-Vergütungen zu zahlen. Fand Wolfgang Kintscher von der NRZ Essen heraus. Mein Lieblingssatz: Die Stadt betreibe ihren Service "wie pubertierende Jugendliche, die allerlei Musikdateien teilen, ohne sich um eine faire Vergütung zu scheren".
***
Die Ruhrbarone finde ich toll. Aber dass sie jetzt die digitalen Attacken auf das (zu Recht) umstrittene "peerblog" geradezu loben ("Team Medusa hält Wort"), geht mir dann doch ein bisschen zu weit. Der Grund für die DDoS-Attacke ist laut Ruhrbarone die undurchsichtige Finanzierung des neuen Blogs. Das kann/muss man natürlich kritisieren. Aber ein Blog wegen sowas, vielleicht sogar dauerhaft, lahmlegen? Hier spielen sich Digitalmenschen ("weil wir es können") als Ankläger, Richter und Vollstrecker in einem auf. Dabei wird die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten. Und es begünstigt all diejenigen Engstirner, die mehr Restriktionen im Netz fordern.
***

Mittwoch, 6. Februar 2013

Die Kanzlerin, mal zupackend, mal (fast) nackt

Merkel hält (noch) fest (Karikatur: Heiko Sakurai)

Angela Merkel: ein Themen-Quell für Karikaturisten. Mal hält sie an Schavan noch fest, mal fehlen der Kanzlerin neue Kleider. Gest(r)ichelte Kommentare. Immer wieder herrlich. Verstehen Sie, warum ich ein absoluter Karikaturen-Fan bin? Danke Berndt und Heiko, auch fürs hier Zeigendürfen!
Ein Satz, den jeder kennt (Karikatur: Berndt A. Skott)


Montag, 4. Februar 2013

Ungehaltene ungehaltene Reden zur WR

Der Trauer- und Protestmarsch durch Dortmund gegen die Schließung aller Redaktionen der Westfälischen Rundschau und für einen Erhalt der lokalen Meinungs- und Medienvielfalt dauerte lange. Sehr lange. Zwei Reden blieben deshalb ungehalten - die von Medien-Forscher Horst Röper (Formatt Institut, Dortmund) und die von Ulrich Pätzold (emeritierter Journalistik-Professor der TU Dortmund). Der DJV NRW dokumentiert beide Reden auf seiner Webseite und rät dringend zur Lektüre: "Denn ihre Botschaften sind wichtig." Stimmt. Hier sind sie:

"Nieten in Nadelstreifen" Von HORST RÖPER

Was wir alle hier in Dortmund erleben, ist schändlich. Einer Zeitung die Redaktion zu rauben, ist ein einmaliger Vorgang in Deutschland. Es ist eigentlich eine Contradictio. Und dennoch besteht die Gefahr, dass diese absurde verlegerische Entscheidung zu einer Blaupause für andere Verlage wird. Das ehedem vom WAZ-Konzern pompös herausgestrichene so genannte WAZ-Modell haben die Konzern-Herren selbst geschleift. Nun droht uns ein neues WAZ-Modell.

Horst Röper (Foto: Formatt)
Die Rundschau hat in Dortmund zusammen mit ihrer kleinen Schwester eine Auflage von 35.000 Exemplaren. Das ist nicht üppig, für den deutschen Zeitungsmarkt aber stattlich. In Deutschland erscheinen Dutzende von Zeitungen mit geringeren Auflagen. Der Unterscheid zur Rundschau besteht in der Führung: Die kleine Zeitungen haben noch Verleger.

Die WR war nie die falsche Zeitung am falschen Ort. Sie hat aber Verleger, die auf einem falschen Stuhl sitzen. Diese Stühle gehören vor die Tür, nicht jene der Redakteure.

Porträtfotos: Universalsprache Gesicht

Sie schreibt Photographin mit zweimal "ph". Meine liebe Kollegin Heike Rost ist eine tolle Doppel-"ph". Neben Licht und Landschaften haben es ihr vor allem Porträts angetan. Gesichter. Warum, das erklärte sie kürzlich in ihrem Blog so:

Porträt von Martha Argerich 2009, Foto: Heike Rost
Von HEIKE ROST

“We only have one universal language and that’s the human face. Look at the next strange face you see and behind those eyes there is a whole life.”

Eines meiner Lieblingszitate aus der Geschichte der Photographie ist diese Aussage der amerikanischen Dokumentarphotographin Dorothea Lange. In einer Debatte erklärte mir kürzlich eine Kollegin: “Wie langweilig – diesen alten Mist will doch keiner mehr hören, das ist doch alles völlig überholt!” Sie meinte das völlig ernst; ich habe ihr widersprochen, aus Überzeugung. Denn wer sich mit Photographie beschäftigt, mit Gestaltung und Bildsprache, muss mehr kennen als nur Funktionsweisen von Kameras und Rechnern. Zur Tiefe und Überzeugungskraft von Bildern gehört für mich – untrennbar – der Rückblick in die Geschichte der Photographie.

Der Umgang mit Licht und Schatten ist nur eine winzige Facette, ein Druck auf den Auslöser und der Sekundenbruchteil der Belichtung sind bloße Technik.

Viel wichtiger sind die Photographen, deren Persönlichkeit, Haltung und individuelle Sichtweisen existenziell sind und damit bloße Abbilder von Realität zu denjenigen Bildern machen, die uns ärgern, zum Lachen oder Weinen bringen, bewegen und berühren.

Die fabelhafte Heike Rost
- von mir vor Jahren mal montiert

Und was die universelle Sprache angeht: Dazu gehören auch die Linien und Falten in einem Gesicht. Sie erzählen Geschichten von Humor, Liebe, Ängsten und Scheitern, eine komplette Biographie. Mit Toleranz, Respekt und Blick auf den individuellen Menschen ist das eine zutiefst humanistische Perspektive. Und Grund, warum ich Porträtphotographin bin.


Sonntag, 3. Februar 2013

Eigentlich wollten wir es Ihnen gar nicht verraten

Morgens ist man ja manchmal nicht so furchtbar fix. Ich laufe da oft noch auf Automatik. Deshalb hatte ich den kleinen Zettel hinter dem Scheibenwischer auch erst entdeckt, als ich den Wagen starten wollte.

Ich kletterte nochmal aus, fischte den Wisch von der Scheibe. Und las:

"Lieber BMW-Mini-Fahrer. Ab heute liefert Ihrem bei uns gekauften Wagen ein gebrauchter Motor von Daihatsu die Kraft zu. Der ist viel billiger als unserer. Ist es nicht toll? Sie werden den über Nacht vorgenommenen Austausch kaum bemerken. Eigentlich wollten wir es Ihnen gar nicht verraten. An der Karosse ändert sich nichts. Die Optik behält ihren vertrauten Charakter. Wir wollen ja auch weiterhin Mini draufschreiben."

Da stand noch mehr. Und ich zögerte, den Rest zu lesen. Natürlich tut man es doch:

"Sie dürfen sich auch weiterhin auf mehrere Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang freuen. Auch die neuen Sitze von Unimog entsprechen allen bisherigen Ansprüchen. Das Getriebe stammt inzwischen aus dem Haus Subaru, während die Kupplung von Hyundai beigesteuert wird. Die neuen Discount-Scheinwerfer erleuchten bestimmt auch mal einen Hintergrund. Jede Menge notwendigen Service versprechen die runderneuerten Reifen von Hankook, die wir aufgezogen haben."

Foto: Revierpassagen
Zum Schluss wünschte man mir weiterhin viel Freude an meinem gewohnten BMW Mini.

Ich stieg aus. Schloss ab. Die Tür und mit dem Mini. Das war nicht mehr mein Mini. Den Zettel warf ich achtlos auf den Boden. Er flatterte mit der Vorderseite auf den Boden. Auf der Rückseite stand tatsächlich auch noch etwas: "Ach übrigens, wir konstruieren gerade das fahrerlose Auto. Wir brauchen Sie eigentlich nicht mehr."

Ich ging hoch, legte mich wieder ins Bett. Da klingelte mich der Wecker wach.



Ruhrbarone: Was wir können und was nicht

Kann ein Blog eine Lokalredaktion ersetzen? Kann ein Blog Lokaljournalisten ernähren? Die Ruhrbarone ("Journalisten bloggen das Revier") sind mit einer Art Lokalteil in Dortmund eingestiegen. Sie gehören zu Deutschlands wichtigsten Blogs, sind mit 400.000 Anklickern ("unique user") und 1 Million Seitenabrufen ("page impressions") pro Monat das größte Regionalblog. Trotzdem wirft der Blog "nur ein paar Bier" ab, sagt Stefan Laurin. Der Kopf der Ruhrbarone erklärt, "was wir können und was nicht" und wo Finanzierungsprobleme liegen - proudly presented:

Von STEFAN LAURIN

Am Freitag gingen wir mit dem Lokalteil Dortmund online. Wir wurden – auch von den Kollegen der Ruhr Nachrichten – freundlich begrüßt, der Start lief besser, als wir es erwartet haben. Zeit, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, was wir mit diesem Lokalteil schaffen können und was nicht, wo die Grenzen und die Chancen dieses Projekts liegen.

Stefan Laurin, ewig mit Fluppe
Jedem, der sich auch nur ein wenig mit Medien auskennt ist klar, dass das, was wir von den Ruhrbaronen mit dem Lokalteil-Dortmund am Freitag begonnen haben, nie ein Ersatz für den Lokalteil einer Tageszeitung sein kann, und wir haben das auch an jeder Stelle betont. Die DJV-NRW-Geschäftführerin Anja Zimmer hat es auf wdr.de eigentlich auf den Punkt gebracht:

Was die Ruhrbarone auf jeden Fall böten, meint sie, sei eine zweite Meinung. Bisher sei es in Dortmund so gewesen, dass die Ruhr-Nachrichten als eher konservativ und die Westfälische Rundschau als eher links gegolten haben. Dieses Gefüge sei durch das Ende eigener redaktioneller Inhalte in der Rundschau auseinandergebrochen. "Egal, wo sie jetzt nun stehen, es gibt eine Alternative", meint Zimmer.“

Nun gut, wir werden nicht nur eine zweite Meinung sein, sondern haben natürlich als Journalisten den Anspruch, auch aufzuklären und zu enthüllen und sind uns sicher, dass wir auch den einen oder anderen Scoop werden landen können, dass es uns gelingen wird, Hintergründe zu liefern, aber es ist auch klar, das unsere Möglichkeiten beschränkt sind, denn wir werden nicht schaffen können, was sehr guter Lokaljournalismus schaffen kann.

Samstag, 2. Februar 2013

Bitterer Tag

Foto: Jens Matheuszik vom Pottblog im
Liveticker von RuhrbaroneDortmund
Da liegt er nun, der Kranz vor der WR. "Zu früh gestorben", steht auf der Schleife. Daneben weht eine schwarze Fahne.

Über 700 Leser und Journalisten nahmen am Samstag in Dortmund am Trauermarsch für die Westfälische Rundschau ("Erscheint jetzt ohne Redaktion", schimpfte WR-Betriebsrat Uwe Tonscheidt) und die lokale Meinungsvielfalt teil. Schwarze Luftballons stiegen in den Himmel, eine Trompete erklang, "Rundschau-retten-Extrablätter" fanden reißenden Absatz bei den Passanten. Viele sagten: "Eine Sauerei!"

Kabarettist Fritz Eckenga wetterte bei der Kundgebung auf dem Alten Markt gegen die neue Pseudozeitung und vermutete, dass es sogar tote Fische gebe, die sich weigern würden, darin am nächsten Tag eingewickelt zu werden. „Es wird nirgendwo so viel gelogen wie an offenen Gräbern. So gesehen ist die WAZ/Ruhr Nachrichten-WR ein täglich erscheinendes offenes Grab."

"Ein trauriger Tag" schrieb der DJV NRW über seine Pressemitteilung. Auch die dju berichtet. Kai Rüsberg von e:motion stellte einen Film bei Youtube ein: kurze Impressionen, siehe unten.




Foto: dju in verdi

Jutta Reiter und Jochen Marquard (beide DGB) präsentieren im direkten Vergleich: zwei Zeitungen, ein Inhalt. So sieht sie also aus, die von den WAZ-Oberen vielbeschworene lokale Meinungsvielfalt.

Bitte dazu unbedingt lesen: Bernd Berkes Blick ins neue Mischprodukt


Freitag, 1. Februar 2013

Ruhrbarone springen in die Lücke

Mit der Westfälischen Rundschau verliert Dortmund, immerhin die drittgrößte Stadt in NRW, die gedruckte Meinungsvielfalt. Lokal berichtet künftig nur noch die Redaktion der Ruhr Nachrichten - unter den Titeln RN, WR und WAZ. Jetzt springen die bislang regionalen Ruhrbarone ("Journalisten bloggen das Revier") in die Lücke. Gratulation! Ein mutiger, richtiger Versuch.

Stefan Laurin, der "Kopf"
der Ruhrbarone (Foto von
seiner  Facebook-Seite)
"Wir haben uns entschieden. Wir wagen den Schritt. Wir gehen nach Dortmund. Wir werden eine Art Lokalteil für Dortmund machen", schreiben Stefan Laurin & Co heute unter der neuen Kategorie Dortmund. Auch im Pottblog kann man alles nachlesen. Pottblogger Jens Matheuszik hat Stefan interviewt - und gleich auch eine erste Sammelsurium-Kritik geschrieben: "In der WR Plus-App ist es schon die Zombie-Zeitung, die alle befürchten."

Warum die Ruhrbarone den Sprung ins Lokale wagen? "Wir sehen Platz in Dortmund für eine kritische, profilierte, kratzige, manchmal böse, immer unabhängige Stimme", heißt es. Dortmund sei "eine Stadt, die groß genug ist für einen Blog, der etwas erzählen will. Außerdem gesegnet mit einer hinreichend verfilzten Stadtverwaltung, die genügend Ansatzpunkte für scharfe Berichte bietet. Lieb war gestern. Lieb ist vorbei."

Der Einstieg ins Lokale verändert auch die Ruhrbarone.