Sonntag, 20. Januar 2013

Fotografen: Wir schießen für Geld

Klick! Kaum eine Berufsgruppe in den Medien wird so gebeutelt und ausgenutzt wie Fotografen. Gemeint sind natürlich die Profis unter den Lichtbildhauern. Die von ihrer Arbeit leben (wollen/müssen). In Zeiten von allgegenwärtigen Foto-Handys und Jedermann-Digital-Geknipse scheint ein gutes Bild nichts mehr wert, Auftraggeber denken: Das macht sich von selbst, klick. Meine liebe DJV-Kollegin Heike Rost, Fotografin und Journalistin, Bloggerin und Gewerkschafterin, hält dagegen: Billig oder gar für lau - das geht gar nicht. Die Auftraggeber wollen anscheinend nicht zur Kenntnis nehmen, mit wieviel Aufwand und welch hohen Kosten jedes professionelle Foto verbunden ist. Hier, proudly presented, ihr Text: Profi-Arbeit für lau - geht gar nicht!

Von HEIKE ROST

Schon fast Normalzustand bei zahlreichen Photographen und Bildjournalisten: Auftragsanfragen, die von vornherein jegliche Honorarzahlungen ausschließen. Die Spanne der Argumente ist breit und reicht dabei von "Wir haben leider kein Budget für Bilder ..." über das zweifelhafte Signal "... weitere Aufträge, dann mit Honorar" bis "Das ist die Chance für Sie, bekannt zu werden".

Dieses Youtube-Video des Photographen und Autors Enzo dal Verme liefert augenzwinkernd und unterhaltsam einige gute Argumente, solche Anfragen höflich, aber bestimmt abzulehnen. Bei Freelens gibt's ergänzend dazu die Übersetzung eines Textes von Tony Wu: "Warum Fotografen nicht umsonst arbeiten können". Das englischsprachige Original ist bei "Photoprofessionals" unter einer CC-Lizenz veröffentlicht und mittlerweile von zahlreichen Kollegen unterzeichnet worden. Wer ebenfalls seinen Namen zur Liste der Unterstützer hinzufügen möchte, kann das via Kontaktformular auf der Website der Photoprofessionals tun.

John Harrington, amerikanischer Dokumentarphotograph und Bildjournalist, hat im Blog der Agentur BlackStar eine lesenswerte Liste von 12 Ausreden für kostenlose Arbeit zusammengestellt. Als Argumentationshilfe bestens geeignet, Harrington nimmt jede einzelne Ausrede kurz und knackig als Blödsinn ("bogus") auseinander: "12 Excuses for Shooting Photos for free - and Why They are Bogus".
 
Heike Rost - sie ist eine tolle
Fotografin, super Kollegin,
engagierte Gewerkschafterin.
Harringtons Ansatz: "Kameras und Kameraverschlüsse haben eine durchschnittliche Lebensdauer von einigen hunderttausend Auslösungen. Teilen Sie die Anzahl der Bilder, die Sie kostenlos gemacht haben, durch die Kosten der Kamera - und Sie bekommen eine Ahnung davon, was Sie diese Aufnahme gekostet hat. Und das schließt noch nicht die Kosten für Photoshop, Nachbearbeitung, Speicherung der RAW-Daten und das Brennen auf Datenträger für Ihre Kunden mit ein - usw. usf...."

Einige Zahlen zum Nachdenken: Der Durchschnittswert der Ausrüstung eines hauptberuflichen Bildjournalisten liegt zwischen 35.000 und 50.000 €. Darin enthalten sind Kameras, Objektive und Rechner inklusive Software; der Gesamtwert kann je nach Tätigkeit erheblich höher liegen! Für den jährlichen Unterhalt sind rund 35 % des Ausrüstungswert als realistische Größenordnung anzusetzen; dazu gehören Reparaturen, Austausch, Software-Updates, Ergänzungen von Kamera- und Rechnerausstattung. Übrigens: Das bundesweit niedrigste, vom DJV dokumentierte Bildhonorar an Tageszeitungen beträgt 5,11 €. Brutto. (Weitere Informationen für Bildjournalisten auf der Website des DJV/Deutscher Journalisten-Verband.)

Ein paar nützliche Onlinerechner, die aus allen Faktoren wie Betriebskosten, Arbeitszeiten, Versicherungen etc. einen tragfähigen, betriebswirtschaftlich sinnvollen Tagessatz ermitteln, gibt es u.a. hier (Erfolg-als-Freiberufler.de) oder hier (Akademie.de, downloadbares Excel-Formular zum Rechnen) oder auch hier (mein-Tagwerk.de, Rechner für Freelancer).

Dem trockenen Spruch einer amerikanischen Kollegin ist als passendes Schlusswort nichts hinzuzufügen: "I shoot for money."