Also, da musste ich schmunzeln. Über die Chuzpe des Verlegerverbands, die Verlage als Hüter der Flächentarife hinzustellen. Verlage, die seit Jahren ganz eindeutig dokumentieren, was sie vom Flächentarifvertrag halten - durch Rausmogelei, Umgehung, Vertragsbruch. Die Magdeburger Volkstimme zum Beispiel hat - mit dem Ziel, Rechte auszuhebeln und Tarife zu unterlaufen - schon die Lokalredaktionen ausgegliedert und nun die Mantelredaktion in Mini-GmbHs zerschlagen. Die taz schreibt: "Tschüss, Mitbestimmung".
Man kann einen Flächentarifvertrag für Journalistinnen und Journalisten natürlich für altmodisch halten. Aber ohne ihn gäbe es Hauen und Stechen und eine finanzielle und soziale Abwärtsspirale für alle. Ohnehin ist er längst zum Flickenteppich verkommen. Es vergeht keine Tarifrunde, in der nicht einzelne Verlage erklären, sie gäben kein Verhandlungsmandat. Und wenn wir zwischendurch mal an Vergütungsregeln denken, die mit Verlegerverbänden gemeinsam ausgehandelt und danach von vielen Verlagen nicht eingehalten wurden, dann erkennt man schnell, wie unzuverlässig Verlage heute ticken.
Georg Wallraf Foto: BDZV |
DJV-Sprecher Hendrik Zörner klagte im DJV-Blog über den Egiosmus der Verlage. Er schrieb: "Flächentarifverträge haben gleiche Arbeits- und Einkommensbedingungen für die Mitarbeiter einer Branche zum Ziel. Ob ein Redakteur in Ostfriesland oder Oberbayern arbeitet, soll nach dem Tarif keine Rolle spielen. Doch für manche Zeitungsverlage ist das bloße Theorie. Sie mogeln sich aus den Tarifverträgen, indem sie ihrem Arbeitgeberverband BDZV den Rücken kehren oder von dessen Möglichkeit der Mitgliedschaft ohne Tarifbindung Gebrauch machen. Der DJV hat die schwarzen Schafe aufgelistet."
Auf einer Internetseite listet der DJV seit Jahren die "Tarifumgehung der Verlage" auf. Schauen Sie es sich mal in Ruhe an, ob "Ihre" Zeitung auch dabei ist. Die Liste wird immer länger: Mehr als 20 Mal Outsourcing, fast zwei Dutzend Fälle von Leiharbeit, über 50 Mal nur noch OT-Mitgliedschaft im BDZV, über ein Dutzend anderer Fälle, vom Komplett-Austritt aus dem BDZV bis zur Aufsplitterung in Klein-GmbHs, dazu untertarifliche Journalistenausbildung.
Michael Konken Foto: DJV/Anja Cord |
Ziel des DJV sei es, so Konken, die Tarifverträge zu erneuern und sie in den Verlagen wieder stärker zu verankern. Die Regelwerke müssten den zum Teil rasanten Veränderungen in der Medienwelt angepasst werden. Die Bezahlung von fest angestellten und freien Mitarbeitern der Verlage müsse den steigenden Leistungsanforderungen gerecht werden. Über die Tarifforderungen des DJV wird dessen Bundesgesamtvorstand als Große Tarifkommission Mitte April beschließen.