Mittwoch, 19. Juni 2019

Journalisten-Ethos: Flachratten, hemmungslos

Faktencheck im Medienhaus
Karikatur: Karlheinz Stannies
Als Paul an den Stammtisch schlurfte, hatten die meisten schon reichlich Vorsprung auf den Deckeln. „Sorry“, stöhnte er, „aber ihr wisst ja“. Jepp. Seine Redaktion war seit langem chronisch unterbesetzt. Und welcher Journalist schaltet schon den Computer aus, wenn noch nicht alles fertig ist? Das wussten leider auch die Chefs – und nutzten es hemmungslos aus.

„Für die“, giftete Paul. „sind wir nur Flachratten. Die wollen – wie bei Handy oder Netflix – nur pauschal möglichst wenig zahlen, aber wir sollen Flatrate malochen.“ Helga witzelte: „Das Sonderangebot für Medien-Manager – 1a Journalisten, zum Mini-Tarif, und zwar nicht nur im ersten Jahr, aber inklusive Print-Flatrate, Online-Flatrate, Zusatzaufgaben-Flatrate.“ Home-Office, nachts, Wochenende, Feiertage – wir warfen weitere Stichworte ein.

„Da gibt’s doch jetzt dieses EU-Urteil“,

Dienstag, 14. Mai 2019

Facebook? Twitter? Journalisten-Plattform!

Professor Doktor (soviel Zeit muss sein) Frank Überall ist Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV, 35.000 Mitglieder). Der promovierte Sozialwissenschaftler ist zudem Professor an der HMKW Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (Köln, Berlin, Frankfurt/Main). Frank möchte, erstmal exklusiv bei Charly & Friends, eine Idee vorstellen, die ihm schon einige Zeit durch den Kopf geht: eine "Journalisten-Plattform" oder ein "DJV-Netz", auf dem - wie bei Facebook oder Twitter - munter diskutiert und veröffentlicht werden kann und auf das (nicht nur!) Öffentlich-Rechtliche aufspringen. Franks Gastbeitrag, proudly presented:

Regt eine Journalisten-Plattform an: DJV-Vorsitzender Frank Überall
Foto: Werner Siess HMKW
Von FRANK ÜBERALL

Diskutieren Sie mit uns weiter bei facebook“, heißt es nach der einen Sendung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und bei der anderen wird dazu aufgefordert: „Folgen Sie uns bei twitter!“ Jan Böhmermann erschafft sogar jede Woche in seinem „Neo Magazin Royale“ einen kurzweiligen „Hashtag der Woche“, auf dass doch bitteschön alle folgsam sein mögen. Ein prima Modell – zumindest für die US-amerikanischen Unternehmen, die auf diese Weise kostenlose Reklame bekommen.

Und nicht nur das: Ihnen werden die Nutzerinnen und Nutzer zugetrieben, die – wenn es ganz schlimm kommt – zum Ursprungsprodukt „Öffentlich-Rechtliches Fernsehen“ gar nicht mehr zurückkommen.

Eigentlich müsste man jetzt eine eigene Plattform gründen. „DJV-Netz“ oder „Journalisten-Plattform“ zum Beispiel. Als genossenschaftliches Modell von Journalistinnen und Journalisten, mit Bezahlmodell für exklusive Stories.

Und wenn damit genug Nutzer registriert sind,

Dienstag, 16. April 2019

Express-Drehung

Erben am Werk
Karikatur: Karlheinz Stannies
„Erleben wir da gerade den Untergang einer Dynastie?“ fragte Bernie. Der Stammtisch ahnte sofort, wen er meinte: „Die DuMonts möchten nicht mehr Verleger spielen. Sie wollen ihre Regionalzeitungen verkaufen. Weil es sich nicht mehr lohnt.“ Claudia, stets kritisch, winkte ab: „Nee, die geben auf, weil sie keine Lösungen und Ideen haben.“ Egal wie, Köln ohne DuMont-Blätter, das ist wie Karneval ohne Kamelle. „Auf dem Melaten-Friedhof, wo der alte Patriarch Alfred Neven DuMont liegt, sollen deutliche Rotationsgeräusche zu hören sein“, schmunzelte Klaus. „Ist ja auch mit Express-Drehung“, kicherte Tanja.

„Meint ihr, jemand kauft heute noch Zeitungen?“ fragte Harry. Wir nippten am Getränk. Wogen auf der „Wirklichkeit der Märkte“, die die DuMont-Erben beschworen, die Rendite gegen das Gejammer ab. „Für kleines Geld, ja“, wagte Martina eine Prognose. „Das rechnet sich für einen Medienkonzern durch Synergie und Personalabbau.“ Zur Not braucht man ja heute gar keine Leute mehr, um eine Zeitung herauszubringen.

Der Geist der Westfälischen Rundschau wehte über den Stammtisch. Wir prosteten ihm zu. Und bestellten gleich die nächste Runde Kurze – wegen des neuesten Essener Kahlschlags.

Sonntag, 3. März 2019

Mit Edelfedern gekitzelt

User first … was denn sonst? Medien-Manager präsentieren ihren
Mitarbeitern stets die Rechnung dafür. Karikatur: Karlheinz Stannies
Jauch zog die Augenbraue hoch. „Sie wollen wirklich bei Antwort B bleiben?“ fragte er den Verlagsmanager. Die Frage lautete: Wie steigern Sie die Qualität eines Mediums? Und Möglichkeit B war: Durch Personalabbau. „Alle meine Kollegen sagen das immer wieder“, grinste der Kandidat. Noch nicht ahnend, dass er die 500-Euro-Frage versaut hatte.

„Umschalten“, riefen wir dem Wirt zu. Der zappte zum nächsten Sender und gab uns dann lieber gleich die Fernbedienung für den Fernseher oben in der Kneipenecke.

Zapp. Der Nachrichtenkanal informierte über den Klimawandel:

Samstag, 9. Februar 2019

Funke-Betriebsräte: Das war zynisch, Frau Becker

In Sonntagsreden der Medien-Oberen
werden Journalisten wertgeschätzt.
Tatsächlich sind sie für die Manager
einfach nur Kostenstellen.
Karikatur: Karlheinz Stannies
Die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe - zynisch.
Die Manager - ohne Kreativität.
Für die Fehler der Chefetagen muss die Belegschaft den Kopf hinhalten - wieder einmal.

Die Betriebsräte von Funke in NRW sind entsetzt und tief enttäuscht. Wieder einmal knallen ihnen die Oberen der Mediengruppe ein Kahlschlag-Konzept um die Ohren, wieder einmal (wie 2009) müssen allein in NRW gleich rund 300 Stellen unter die WAZ- bzw. Funke-Axt. Bei Medienmoral NRW wurde die Stellungnahme der Betriebsräte veröffentlicht. Hier ist sie im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

die Verlagsgeschäftsführung hat heute darüber informiert, dass sie aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation massive personelle Einschnitte vornehmen wird. Knapp 300 Stellen werden allein in NRW gestrichen. Dazu gehören nach unseren Informationen allein 120 Kolleginnen und Kollegen aus dem Anzeigenbereich, 40 Drucker (der Druckstandort Essen wird geschlossen), die Hälfte der bislang 46 Volos, zehn Mediengestalter, zwei Onliner sowie knapp 40 Redakteure. 14 davon sollen es bei der WAZ sein, 14,5 bei der WP sowie eine bislang noch nicht konkret benannte Zahl bei der NRZ. Auch bei den Sekretariaten aller NRW-Titel soll gespart werden. Noch ist unklar, wie viele Kolleginnen es treffen wird.

Dies stellt einmal mehr einen tiefen Einschnitt in unsere Belegschaften dar. Erinnerungen an 2008/2009 kommen hoch, als im Redaktionsbereich aller Titel 300 Stellen gestrichen wurden. Eine weitere Hiobsbotschaft erreichte die Kollegen der WP-Redaktion Warstein, die zum 28. Februar geschlossen wird. Geschlossen werden auch 21 der 26 Geschäftsstellen in NRW, was aus unserer Sicht einen riesigen Imageschaden in der Leserschaft anrichten und zudem in den Redaktionen zu erheblicher Mehrarbeit führen wird. Diese Entscheidung wurde in unserem Hause schon einmal gefällt – und der Verlag hat sie im Nachhinein bitter bereut und zurückgenommen.

Auf all diese Spar-, Schließungs- und Stellenstreichungs-Pläne haben wir als Betriebsräte mit Empörung und Unverständnis reagiert!

Wieder einmal muss die Belegschaft den Kopf für Managementfehler, die in den vergangenen Jahren gemacht wurden, hinhalten. Seit Jahren heißt die einzige Lösung des Verlags: Stellenabbau. Wir kritisieren, dass der Arbeitgeber jene Kreativität, die er uns tagtäglich abfordert (und auch bekommt), in seinen Unternehmens-Entscheidungen vermissen lässt. Auch deshalb verspüren Großteile der Belegschaft nun starke Vorbehalte gegenüber der neuen Strategie, ab sofort im Rahmen von „User First“ den Fokus völlig aufs Digitale zu richten. Ein positiver Effekt dieses neuen Konzeptes sollte es sein, die Redaktionen in ihrer Alltagsarbeit zu entlasten. Wir befürchten, dass dies mit den heute verkündeten Stellenstreichungen so gut wie unmöglich ist.

Für die Redaktionen