Mittwoch, 20. Juni 2018

Ach, Mensch, der Berndt ist tot

Berndt, so wie er sich selbst zeichnete.
Von Merkel bis Trump, vom Papst bis zu den Terroristen: Vor Berndt A.Skott und seinem treffenden Zeichenstift war keiner sicher. Wofür selbst begnadete Schreiber ellenlange Kommentare brauchen, erklärte er den Leserinnen und Lesern in wenigen Strichen. Knallhart und leicht verständlich.

Dieser "Künstler" unter den - jawohl! - Journalisten ist nun nach längerer Krankheit gestorben, mit 75. Er gehörte zweifellos zu den allerbesten Karikaturisten des Landes - und war zudem einfach ein netter Kerl. (Wovon ich mich mehrfach, bei ihm zu Hause oder beim Chinesen, überzeugen durfte.)

Vor fünf Jahren, zum Siebzigsten, gab es in der Düsseldorfer fiftyfifty-Galerie eine Ausstellung zu seinem Lebenswerk. Und dort hängte er seinen Wahlspruch an die Wand: "Wenn es um Karikatur geht, bin ich zu fast jeder Schandtat bereit."

Stimmt. Für den Deutschen Journalisten-Verband NRW zum Beispiel, dessen Mitglied er seit vielen Jahren war, hat er sogar "schau-gezeichnet". Bei einem Gewerkschaftstag (2013 in Düsseldorf), bei dem sich viel ums Zeitungssterben drehte, nahm Berndt (gemeinsam mit seinem jungen Kollegen Heiko Sakurai, Köln) gern an einer Aktion teil: Wir durften miterleben, wie ihre Werke entstanden - Karikaturen zu "unserem" Thema.



Berndt zeichnete damals vor unser aller Augen einen skelettierten Goldesel (Redaktion), dem ein entsetzter Geldeintreiber sogar mit Hilfe einer Taschenlampe in den knochigen Allerwertesten schaut, aber: Da kommt nix mehr. Gleichzeitig versucht ein anderer Geschäftsführer, den ausgeplünderten Esel mit einer billigen Möhre zu locken - und die hängt an einem Rotstift. Zeitungssterben. Herrlich auf den Punkt gebracht.


Foto: Karlheinz Stannies
Und wieso war die Ausstellung  in der fiftyfifty-Galerie? Fiftyfifty ist die Obachlosenhilfe-Initiative in Düsseldorf. Berndt A. Skott unterstützte sie seit Jahren. Er zeichnete kostenlos für das Straßenmagazin fiftyfifty - wie auch für die Obdachlosen-Zeitungen Bodo (Dortmund) und Trott-war (Stuttgart). In der Düsseldorfer fiftyfifty-Galerie bieten die tollsten Künstler ihre Werke zum Kauf an, freitags sogar per Auktion. Werke, die sie gestiftet haben. Der Erlös geht an die Obdachlosenhilfe. Auch Skott spendierte Zeichnungen.

Berndt war auch Initiator und Mitherausgeber von "Deutschkunde - Karikaturen gegen rechte Gewalt" (im Verlag der fiftyfifty-Edition, 17 Euro im fiftyfifty-Shop). Skott wollte ein Zeichen setzen gegen Rechtsextremismus und bat seine Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung. Alle machten mit. So entstanden Karikaturenbände - und eine Wanderausstellung in dreifacher Ausfertigung, die Schulen kostenfrei für Unterrichtsprojekte anfordern können (Details hier).

Übrigens: Als Karikaturist war Skott ein Spätzünder. Der gebürtige Ostpreuße bekritzelte zwar schon in frühester Jugend jeden Papierfetzen, wie er in seiner Vita zugab. Aber die erste Karikatur verkaufte der Autodidakt tatsächlich erst 1991. Vorher war er Maurer, Kaminbauer, Werbeleiter, Kleinverleger, Interieur-Designer.

Jetzt hat er den Stift weggelegt. Aber zeichnet bestimmt weiter. R.I.P.


Alle Karikaturen: Berndt A. Skott