Karikatur: Karlheinz Stannies |
Jüngstes Beispiel: Der Berliner "Tagesspiegel" will wegen Anzeigenrückgängen einen "kleinen sechsstelligen Betrag" (so der Betriebsrat) einsparen. siehe hier. Was fällt einem deutschen Medienmanager in so einer Situation ein? Richtig: das kleine Managerhandbuch, Seite 34. Was da steht, machen alle: Sparen Sie zuerst bei denen, die sich am wenigsten wehren können.
Und das sind beim "Tagesspiegel", wie leider so oft und fast überall, die Freien Journalisten. Ihnen wurde gesagt: Ab sofort gibt's keine Aufträge mehr, mindestens bis zum Jahresende. Ein Tiefschlag für Freie, die ohnehin von den Honoraren (wenn denn überhaupt faire gezahlt werden!) meist kaum leben können und als Freiberufler alle Risiken tragen. Da dürfte in einigen Berliner Familien Weihnachten gestrichen sein. Man möchte hoffen, dass alle Freien neue Auftraggeber finden - und dem unfairen und unzuverlässigen "Tagesspiegel" zu Jahresbeginn die LmaA-Absage-Quittung verpassen.
"Den freien Mitarbeitern das wirtschaftliche Risiko des Verlags aufzubürden, ist weder moralisch zu rechtfertigen noch rechtlich hinnehmbar", schimpft DJV-Vorsitzender Michael Konken. Und Alexander Fritsch vom DJV-Journalistenverband Berlin-Brandenburg ergänzt: "Ohne freie Autoren ist eine Qualitätszeitung nicht zu machen." Was der "Tagesspiegel" mache, sei ein "Kettensägenmassaker am eigenen Ruf", siehe hier.
Mit der einfältigen Streich-Idee auf Kosten von Journalistinnen und Journalisten steht der "Tagesspiegel" leider überhaupt nicht allein. Landauf landab kreist der Rotstift in den Abteilungen, die das Produkt "machen". Selbst vor dem Tarif, also dem zwischen Verlegerverbänden und Gewerkschaften oft mühsam ausgehandelten Mindeststandard der Branche, machen die Manager nicht Halt. Kann man Geringschätzung deutlicher machen? Tarifflucht ist allerdings nur eine Variante. Die Liste der Trickser und Umgeher, die der DJV führt, wird immer länger und länger, siehe hier.