Montag, 3. Februar 2014

Newsdesks - endlich entzaubert?

Chefs scharen gern ihr wichtigstes Personal um sich, damit auch alle schön pflichtgemäß an den Lippen der Heilsbringer hängen. Das erklärt den schier unaufhaltsamen Erfolg von Newsdesks in deutschen Zeitungsredaktionen. Manche dieser gebündelten Steuereinheiten wirken inzwischen wie Kommandozentralen auf Raketenstart-Basen.

Beim Trierischen Volksfreund wird nun die Newsdesk-Struktur zurückgebaut - zugunsten der Lokalredaktionen. Wie schon ansatzweise beim ContentDesk der Funke-Gruppe-Zeitungen. Beim Volksfreund sollen auch Blattmacher wieder berichten und Schreiber wieder Seiten gestalten. Der Anfang vom Ende des Newsrooms? Das fragt auch der "journalist" in der Januar-Ausgabe.

Ich habe Newsdesks nie gemocht. Zumal, wenn sie Lokalredaktionen total enteierten, verwinzigten und selber einen auf wichtig machten. Oft genug übernahmen Blattmacher das Ruder, Journalismus vor Ort landete auf Platz zwei. Hier meine Lieblingsglosse zum Thema:

Rohstoff, mehr Rohstoff


Karikatur: Karlheinz Stannies
Der News-Raum. Unendliche Arbeitszeiten. Wir schreiben das Jahr 2014.

„Konferenz!“ bellte Captain Conference, nun schon zum vierten Mal. Die Köpfe flogen herum. „Die Texte sind zu lang“, murrte Leutnant Out („Mein Name ist Out, Lay Out“). Er warf nur ungern schön Gestaltetes um. „Quatsch – die müssen länger sein. Und wir brauchen Grafiken und Info-Kästen. Die Leute wollen das“, maulte Chief Content.

„Nein, da müssen mehr Fotos rein“, brummte Chief Camera. „Die Leute wollen das. Und Fotos haben wir schließlich haufenweise.“ Und so günstig, pflegte er noch hinzuzufügen. Aber nur im Offiziersklub. Vor der Crew beklagte er leidenschaftlich die hohen Kosten.

„Mehr Videos“, erklang plötzlich eine Stimme: „2014 wird das Jahr des Bewegtbildes!“ Wir schauten uns suchend um. Aber da war nur noch diese Stimme, die schon 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 Ähnliches in den Raum gerufen hatte.

„Konferenz!“ bellte Captain Conference erneut, als wir uns über die Tastaturen beugen wollten.

„Rohstoff! Ich brauche mehr Rohstoff“, rief Captain Click, von seinem Feldbett aus. Er stammt von Digitalo. Dort schläft nie jemand zu Hause. Die ewig hungrige Raum-Maschinerie fordert Nachschub, rund um die Uhr. Das wusste er genau.

„Zapft die Außenstationen nochmal an!“ brüllte Commander Chaos. „Draußen sind aber einige ausgebrannt“, warf einer vorsichtig ein – und auch seine Augen glühten schon. „Alles kein Grund für Tipp- und Flüchtigkeitsfehler“, stupste ihn Chief Content an. Und zückte seinen Abmahnungsblock.

„Ausgebrannt? Dann taut einfach ein paar Dutzend vom Freiwilligen-Vorrat auf“, orderte der Commander. „Wie üblich für Ruhm und Ehre?“ fragte ihn Chief Cent. „Wofür denn sonst? Und wenn sie sich gut machen, kriegen sie vielleicht in ein paar Jahren Essenszuschuss.“ Chaos grinste.

„Konferenz!“ bellte Captain Conference schon wieder. Eigentlich wollten wir gerade mit der Arbeit beginnen.