Freitag, 17. Oktober 2014

Echtzeit, Echtzeit, Echtzeit

Wir schielten hoch zum Kneipen-Fernseher. Da lief gerade das Casting für Deutschland sucht den Super-Verleger. Irgendwelche Kölner stellten ihren Plan vor, aus Freien Profis kaum honorierte Amateure zu machen. Und Bohlen polterte: „Für mich seid ihr im Finale – im finalen Endstadium. Wir sind Talentsucher und keine Müllsortierer.“

Hey, Wirt, schalt um. Der drückte uns lieber gleich die Fernbedienung in die Hand.

Zapp. Richter Kartell schaute skeptisch zur Anklagebank: „Was denn, schon wieder Notwehr? Wieder Sanierungsfusion?“ Der Wiederholungstäter tat zerknirscht: „Doch nur wegen der … ähm … medialen Vielfalt“.

Zapp. Fernsehköche kippten in alle Töpfe und Pfannen dasselbe. „Ab heute gibt’s“, sagten sie mit Sparsabber in den Mundwinkeln, „nur Einheitsbrei“.

Zapp. Jetzt flimmerte eine dieser endlosen Soaps über den Schirm: Print vs Online. In der Folge „Wer im Glashaus sitzt“ zerfleischte sich eine Nachrichtenmagazin-Redaktion. Wandelnde Greise, gestützt auf Radiergummi-Bleistifte, gegen von Akkus getriebene junge Hoodies mit nachtaktiven glühenden Augen.

Horror. Zapp. Der Propheten-Kanal sang das Mantra von der siegreichen Digitalen Revolution.

Zapp. Der Prediger-Sender betete ultimative Lösungen für den Journalismus runter: mobile, urban, Daten, Roboter, Drohnen, Crowdfunding, interaktiv, investigativ, native...

Dativ. Akkusativ. Aus. „Inzwischen gibt’s Comics-Journalismus. Was sollen wir noch alles testen, um den Journalismus zu retten?“ rang Peter nach Fassung. „Und alles unter Druck. Dabei hat der olle Henry Ford schon gewusst: Der größte Feind der Qualität ist die Eile“, rief er. „Aber alle wollen Echtzeit, Echtzeit, Echtzeit.“

Die Tür ging auf, und Peters Frau stand neben ihm. „Stimmt“, sagte sie. Wir horchten auf. Peters Frau stand nicht im Verdacht, ihm immer Recht zu geben. Sie schnappte sich den Gatten: „Ab nach Hause. Es ist echt Zeit.“