Dienstag, 17. Juni 2014

Zu viel life in der work balance

„Die haben alle noch zu viel life in ihrer work balance“, knötterte der Verlagsvertreter aus dem Norden. „Ist doch wahr: So ein Tag hat 24 Stunden – und arbeiten die Redakteure etwa 12 davon? Nein. Das ist keine Balance.“ Die anderen nickten. Obwohl sie dem Nord-Burschen selbst nicht über den Weg trauten. Aber die Medienmanager-Runde war stinksauer. Kümmerten sich diese Gewerkschaften eigentlich jemals um IHRE work-money-bilanz... äh... balance? Um die Reputation der Manager bei den Medien-Besitzern? Natürlich nicht. Statt an Rendite und Tantiemen dachten die mehr an die Leute – pah.

„Ich werde es so machen“, sagte der Nord-Mann. „Erst drohe ich, ohne handfeste Zugeständnisse steigen wir aus dem Tarif aus. Und wenn sie dann notgedrungen zu Kreuze gekrochen sind – tue ich es trotzdem.“ Er grinste: „So machen es erfolgreiche Erpresser. Habe ich mal im Krimi gesehen.“

Die Manager schauten ihn komisch an. Schwer zu sagen: Lag Bewunderung in ihren Blicken. Oder Ekel? Der Chefverhandler stöhnte auf: „Erst fallen mir unsere Präsidenten in der Rücken, weil sie mitten in den Verhandlungen aus dem Tarif aussteigen. Und dann noch sowas Hinterhältiges. Wollt ihr mich komplett unglaubwürdig machen?“ Seine Kollegen winkten ab: „Dann kaufen wir uns halt für die nächste Runde einen neuen Verhandler.“

Der Mann wankte aus dem Raum, zur nächsten Tarifrunde. Seine Balance war definitiv futsch. „Wer hat noch eine Streich-Idee?“ fragte der Gesichtsälteste im Raum. Drei Finger gingen hoch. „Mit welcher fangen wir an?“, fragte der Altgediente, „Ach, entscheiden wir es wie immer nach fachlichen Gesichtspunkten... mit Schnick-schnack-schnuck.“ Sie kicherten wie eine aufgekratzte Kita, während die Hände flogen.

So ungefähr stellten wir uns am Stammtisch die Sache vor. Unsere Geduld-Frust-Balance neigte sich bereits bedenklich.