Mittwoch, 26. März 2014

Als Peter den Prekären mal einen ausgab

Peter stöhnte immer wieder theatralisch auf, bis der Stammtisch endlich fragte: Was ist denn los, Kollege? „Ach“, rückte er raus, „ich mache am Newsdesk aus zugeschicktem Material Lokalmeldungen aus anderen Städten, die ich gar nicht kenne. Das ist doch kein Lokaljournalismus.“
 
Wir schauten uns an: Eindeutiger Fall von Jammern auf hohem Niveau?
 
Fritz, der Freie, klopfte dem Verzweifelten auf die Schulter: „Weißt Du, ich schreibe nebenbei für ein paar Cents über die Ratssitzungen einer Kleinstadt – in Bayern. Da war ich auch noch nie. Tagesordnung, Vorlagen, Haushaltsreden, Beschlüsse stehen alle im Internet. Ich hacke es für das Anzeigenblatt dort zusammen, und die sparen sich einen teuren Redakteur.“
 
Marianne räusperte sich. „Ich habe eine Zeitlang von hier aus alle Blaulicht-Meldungen für ein Blättchen in Meck-Pomm geschrieben. Steht ja alles im Internet“, erzählte die Freie. Sie schaute in ihr Glas. „Heute drucken die dort die Polizeiberichte einfach unredigiert ab. Ist noch billiger.“
 
Um über die Runden zu kommen, muss ich künftig wohl auch Hochzeiten knipsen“, stöhnte Anita, die stadtbekannte freie Fotografin. „Und ich schreibe für so ein komisches Internetportal nachts irgendwas über Themen zusammen, die gerade im Trend sind“, sagte Werner, der Freie. „Bringt nur Kleingeld, aber...“
 
Danke, sagte Peter, der Mann mit dem Festgehalt, und gab den prekären Kollegen einen aus. "Ihr habt mich wieder aufgebaut." Und die Freien weinten ins Bier.