Dienstag, 18. Februar 2014

Verrückte Verleger-Ideen: Kranke Weihnachten...

Frank Überall lebt als freier Journalist
in Köln. Er lehrt Journalismus an der
Hochschule für Medien,
Kommunikation und Wirtschaft
(Köln/Berlin). Bei twitter findet
man ihn unter @ueberalltv.
Foto: privat
Die Zeitungsverleger wollten angeblich einen "Tarifvertrag Zukunft" vorlegen. Für die Gewerkschaften ist ihr Papier ein "Tarifvertrag Zumutung", ein Sammelsurium von Streichungen und Kürzungen. Von Modernisierung oder der geforderten Aufnahme der Online in den Tarif keine Spur. In sieben Runden kamen die Tarifverhandlungen für die Redakteure und Freien an Tageszeitungen keinen Schritt weiter. "Rückschritt statt Vorwärtsgang" sagt der DJV inzwischen auf seinen Tarifseiten. Prof. Dr. Frank Überall, Schatzmeister im Bundesvorstand des Deutschen Journalisten-Verbands, kommentiert für Charly&Friends eine besondere "Feinheit"  - proudly presented:

Von FRANK ÜBERALL

Über Tarife zu verhandeln, kann manchmal ganz schön anstrengend sein, ja wahrscheinlich sogar krank machen. Zumindest gilt das für die aktuellen Verhandlungen für die Gehälter der Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat sich doch nun tatsächlich ausgedacht, dass Mitarbeiter in den Verlagen für jeden Tag, den sie (über die geregelte Lohnfortzahlung hinaus) krank sind, weniger Weihnachtsgeld bekommen! Das ist natürlich unsozial, leistungshemmend und dumm. Auch Verleger wissen, dass es bei einer Grippe kaum Sinn macht, in die Redaktion zu kommen - man würde die halbe Belegschaft anstecken, was wiederum noch teurer würde als der kurzfristige Verzicht auf einen Arbeitnehmer, der seine Krankheit rechtschaffen auskuriert.

Wie können Verleger dann trotzdem derart kranke Ideen vertreten? Wenn in anderen Bereichen solche Ideen salonfähig würden, würden wohl genau die Zeitungen der Verleger äußerst kritisch darüber berichten. Wenn sich das ein Landtag für die Lehrer und Polizisten seines Landes ausdenken würde, wenn ein Autohersteller das für seine Beschäftigten organisieren würde - der Protest wäre groß...


Aber bis Weihnachten ist es bekanntlich noch lange hin, das Fest der Liebe (und der beabsichtigten Kürzung des Weihnachtsgelds) ist eben erst am Jahresende. Bis dahin hat das Servicepersonal himmlischer Sphären auch noch genug Zeit zum Nachdenken: Sollten Christkind und Weihnachtsmann die absurden Forderungen der Verleger dabei als "krank" erkennen, wird ihnen womöglich jeder Tag, den sie störrisch den Gewerkschaften mit Zumutungen gegenüber treten, als negativ ausgelegt werden. Die Weihnachtsgeschenke dürften für diesen Personenkreis dann viel kleiner ausfallen. Gerecht wäre das...

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Volles Haus in Schwerte. Foto: DJV NRW/Klaus Daub
P.S.: Am Mittwoch (19.2.) warnstreikten rund 300 Kolleginnen und Kollegen aus dem Ruhrgebiet, dem Westlichen Westfalen, Köln und Umgebung. Siehe DJV-Bericht hier. Am Donnerstag und Freitag machen in NRW die wilden Ostwestfalen weiter. Auch in anderen Bundesländern gab es und gibt es Journalistenstreiks.